Essen. Im neuen „Prag-Krimi“ ermittelt ein skurriler Polizist an der Moldau. Unorthodoxe Auflösung eines verzwickten Falls im Kunstmilieu.

Eigentlich wäre er viel lieber Schauspieler geworden. Doch der theaterverrückte Jan Koller hat vor langer Zeit die vermeintlich sichere Beamtenlaufbahn eingeschlagen. Das hindert den hintersinnigen Kommissar aber nicht daran, bei jeder Gelegenheit seine ganz persönliche Show abzuziehen – mal schlüpft der BKA-Ermittler bei einem Verhör in eine andere Rolle, mal macht er aus einer Befragung mit mehreren Verdächtigen einen improvisierten Einakter, an dessen Ende der Täter wie durch ein Wunder überführt ist.

Der ausgezeichnete Schweizer Schauspieler Roeland Wiesnekker spielt in der neuen ARD-Reihe „Der Prag-Krimi“ den unkonventionellen Berliner Kommissar mit böhmischen Wurzeln, den es in die tschechische Hauptstadt verschlägt. Der Fall „Wasserleiche“ besticht mit der reichlich unorthodoxen Auflösung eines verzwickten Falls im Kunstmilieu, der sich als Familientragödie entpuppt.

Dunkle Erinnerungen an die Kindheit

Nach Prag wollte der aus der tschechischen Hauptstadt stammende Berliner BKA-Kommissar Jan Koller eigentlich nie wieder zurück, denn mit der Metropole an der Moldau verbindet er traumatische Kindheitserinnerungen, die etwas mit seinen Eltern und der sozialistischen Diktatur in der damaligen Tschechoslowakei zu tun haben und die Regisseur Nicolai Rohde in kurzen Rückblenden anklingen lässt. Doch da er Tschechisch spricht, muss Koller nach Prag reisen, um den Mord an seinem Berliner Kollegen Frank Müller aufzuklären, dessen Leiche von der Prager Polizei aus der Moldau gefischt wurde.

In Prag wird Jan Koller – ein Name, bei dem vor allem Fans von Borussia Dortmund zunächst an einen tschechischen Mittelstürmer denken werden – schon von der einheimischen, sehr selbstbewussten Streifenpolizistin Klára Majerova (Gabriela Maria Schmeide) erwartet. Die spricht gut Deutsch, ist von der Verstärkung aber überhaupt nicht angetan.

Bizarre nächtliche Reise durch Prager Nachtclubs

Ziemlich schnell raufen sich Koller und Majerova jedoch zusammen und fühlen dem Bruder des Mordopfers auf den Zahn: Jörg Müller (Hendrik Heutmann), ein in Prag lebender deutscher Maler, berichtet den Polizisten von seiner letzten Begegnung mit Frank, der vor ein paar Tagen unangemeldet hereinplatzte und sich ungefragt seinem Bruder und dessen Freunden anschloss, die kurz vor Jörgs Hochzeit mit Jitka (Alina Levshin) den Junggesellenabschied feierten.

Der extravagante Koller schlägt allen Beteiligten vor, die Partynacht in allen Einzelheiten nachzuspielen, wobei er die Rolle des Mordopfers übernimmt. Nach einigem Murren willigt die Festgesellschaft ein und begibt sich auf eine bizarre nächtliche Reise durch Prager Nachtclubs, Restaurants und Bars, die schließlich die Wahrheit über den Tod des deutschen Ermittlers in der Moldau ans Licht bringt.

Zusammengesetztes Bild einer Familientragödie

Regisseur Nicolai Rohde kombiniert die Szenen des nächtlichen Trips geschickt mit Rückblenden, in denen der von Dirk Borchardt grandios gespielte Frank Müller noch am Leben ist – so entsteht für den Zuschauer ein aus verschiedenen Facetten zusammengesetztes Bild einer Familientragödie.

Fazit: Vielversprechender Auftakt – man darf gespannt sein auf den zweiten Fall kommende Woche.

KARD, Donnerstag, 6. Dezember, 20.15 Uhr