Berlin. Kann man eine Talkshow lang über verpfuschte Prothesen reden? Ausgerechnet beim vielkritisierten „Hart aber fair“ wurde es versucht.

Medizinische Implantate sind derzeit wieder einmal in Verruf. Grund ist eine Recherche, die darauf hindeutet, dass nicht selten minderwertige und damit gefährliche Produkte eingesetzt werden. Allein in Deutschland sollen dadurch im vergangenen Jahr rund 14.000 Mal Verletzungen, Todesfälle und andere Probleme aufgetreten sein.

Ein großes, ein wichtiges Thema. Ein Talkshowthema? An dieser Frage versuchte sich am Montagabend Frank Plasberg bei „Hart aber fair“ – ausgerechnet jener Moderator also, der in der Vergangenheit nicht ohne Gründe für seine populistische Themenwahl kritisiert wurde.

Problem I: Der Prüfprozess

In der Runde wurde vor allem diskutiert, wie es zur Misere kommen konnte. Dabei wurde deutlich: Schon die Zulassung der Produkte gleicht einer Blackbox. Denn hier bezahlt der Hersteller eine Prüfstelle, die dann wiederum das für den Verkauf notwendige CE-Logo vergibt. „Dort sitzen oft keine Mediziner“, berichtete die NDR-Journalistin Britta von der Heide von ihren Recherchen. Vieles werde einfach durchgewunken. Und klinische Studien? Würden fast nie gemacht.

Irgendwie einleuchtend, dass dieses System fehleranfällig ist. Fand sogar Jens Saß, Geschäftsführer eines Prothesenherstellers. Die alternative, eine bereits in Aussicht gestellte staatliche Prüfstelle, missfiel ihm wenig überraschend aber auch. Schließlich müsste dann eine Behörde die Arbeit von 50 privaten Prüfstellen übernehmen, argumentierte Saß. Wirklich so kompliziert? „Wir haben doch auch den Atomausstieg geschafft“, gab da zu Recht der Gastgeber zu bedenken.

Problem II: Die Kliniken

Helfen würde eine solche Prüfung auch in den Klinken, denn dort setzt sich das Problem derzeit fort. Hier entscheiden die Ärzte, welche Prothese verbaut werden. „Die haben aber oft auch keine detaillierten Informationen zu den Produkten“, sagte Journalistin von der Heide.

Allerdings könnten in den Kliniken auch andere Zwänge eine Rolle spielen. Von der Fallpauschale erhalten die Häuser nämlich mehr, wenn die günstigere Prothese eingebaut wird. „Der Wirtschaftsleiter sagt dem Arzt: Dann nimm die! Und der Arzt hat kein Gegenargument, weil es ja gar keine Studien gibt“, berichtete dazu der Arzt Peter Sawicki.

Gegen diese Behauptung wehrte sich Gerald Gaß. Eine Prothese koste oft zwischen 600 und 800 Euro. „Daran zu sparen und den Ruf der Klinik zu riskieren, wäre unsinnig“, sagte der Chef der Deutschen Krankenhausgesellschaft. Zugleich warf er Sawicki vor, ein System zu diffamieren, das ganz überwiegend am Wohle des Patienten orientiert sei.

Die Anekdote des Abends...

... kam von Jürgen Thoma. Anschaulich berichtete er, wie absurd seine erste künstliche Hüfte konzipiert war. Den Vorgaben zufolge hätte der Arzt beim Einsetzen nämlich mit größter Wucht auf eine Kugel schlagen müssen, um das Produkt in die Ausgangsstellung zu bringen. „Da brauchen Sie einen sehr kräftigen Arzt – und im OP ist es eng“, erzählte Thoma. Zudem sei die erforderliche Wucht so groß gewesen, dass jeder Oberschenkelknochen nur splittern konnte. So sei es dann bei ihm gewesen.

Das Fazit

Kann man eine Talkshow mit dem Thema Pfusch bei Prothesen bestreiten? Man kann! Diese Ausgabe von „Hart aber fair“ war vielleicht manchmal dröge, im Großen und Ganzen aber sehr informativ. Das lag vor allem daran, dass die Gäste – durchaus mit unterschiedlichen Perspektiven, aber nie sinnlos streitend – das Problem aufbereiten konnten.

Zur Ausgabe von „Hart aber fair“ in der ARD-Mediathek