ZDF-Film „Kaisersturz“: Die letzten Tage von Wilhelm II.
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Von Oliver Stöwing
Berlin. Mit dem Ersten Weltkrieg endete 1918 in Deutschland auch die Ära der Monarchie. Ein ZDF-Film rekonstruiert die dramatischen Wochen.
Dokudrama? „Ich mag das Wort nicht“, sagt Sylvester Groth (60, „Hilde“, „Polizeiruf 110“) beim Gespräch in einem Berliner Hotel. „Es ist so belastet, es klingt nach Belehrung und danach, die Wahrheit gepachtet zu haben. Nach Guido Knopp.“ „Kaisersturz“ (Regie: Christoph Röhl) aber ist eines dieser Zwitterwesen aus Kostümfest und Geschichtsstunde, spart allerdings die für dieses Genre typischen Historiker-Kommentare aus.
Der ZDF-Film zeichnet die dramatischen Wochen im Herbst vor 100 Jahren nach: Es sind die letzten Tage Kaiser Wilhelms II. vor seiner Flucht ins Exil und die ersten Tage der ersten Demokratie Deutschlands. Sylvester Groth spielt den überflüssig gewordenen, unsicheren Monarchen, der die Zeichen der Zeit verdrängt, sich in pompöse Rituale flüchtet und viermal am Tag seine Uniform wechselt.
Gedreht wurde an Originalschauplätzen
Sunnyi Melles (60, „Grüner wird’s nicht“) ist seine machtbewusste Gemahlin Auguste Viktoria, die darauf drängt, zu retten, was nicht mehr zu retten ist. Ein erlesenes Ensemble also, zudem wurde an Originalschauplätzen wie dem Neuen Palais in Potsdam oder Schloss Wilhelmshöhe in Kassel gedreht.
Die Spielszenen wechseln sich ab mit historischen Originalaufnahmen. Das wirkt zuweilen unentschlossen und der eine Teil des Films unterbricht den Fluss des anderen. „Man hätte auf alles drum herum verzichten können, wir hatten so ein gutes Drehbuch“, findet auch Groth.
Streamingportale werden zur Konkurrenz
Die zuständige ZDF-Redakteurin Annette von der Heyde deutet im Pressegespräch an, dass die gewählte Form auch einen Kompromiss bedeutet. „Den Stoff komplett als Spielfilm zu inszenieren, hätte andere Anforderungen an Dramaturgie und Budget gestellt“, sagt sie.
Die großzügigen Budgets sind einer der Gründe, warum Groth in den Produktionen der Streamingportale eine interessante Alternative zur Fernseharbeit sieht. Gerade ist er in der aufwendigen Amazon-Prime-Serie „Deutschland 86“ zu sehen.
Groth ist großer Fan von „Fack ju Göhte“
Aber nicht nur das locker sitzende Geld reizt ihn: „Streamingportale bieten die besten Bedingungen für die Filmschaffenden. Sie reden dir nicht rein. Sie haben Vertrauen in die Künstler, die sie engagiert haben. Beim klassischen Fernsehen reden viele, viele Entscheidungsträger mit und es gibt viele Drehbuchfassungen, die selten besser werden.“
Auch auf eine Kinokomödie hätte er Lust. Dabei hat der in Sachsen-Anhalt geborene Schauspieler seine eigenen Vorstellungen von Humor: „Ich würde die Komik aus der Ernsthaftigkeit nehmen. Ich bin kein Freund von Grimassen.“ Dann outet er sich als großer Fan von „Fack ju Göhte“.
Deutsche Bundespräsidenten seit 1949
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„Ich war erst skeptisch und nach ein paar Minuten fand ich es schon wunderbar. Das war rücksichtslos, frech und intelligent zugleich.“ Ein solcher Wurf gelinge vielleicht alle zehn Jahre.