Berlin. Iris Berben gehört zu den bekanntesten deutschen Schauspielerinnen. Im Interview spricht sie über echte Männer und ihre neue ZDF-Serie.

Iris Berben (68) ist eine der wichtigsten Personen im deutschen Filmgeschäft. Sie steht als Schauspielerin seit 50 Jahren vor der Kamera, ist Präsidentin der Deutschen Filmakademie, die den Deutschen Filmpreis vergibt, und Mutter von Filmproduzent Oliver Berben – ebenfalls ziemlich einflussreich.

Professionell und geduldig gibt sie an diesem Tag Interviews zur neuen ZDF-Serie „Die Protokollantin“ (Start am 20. Oktober, 21.45 Uhr). Jene Protokollantin ist eine Frau, die zwar alles hört, aber die kaum jemand wahrnimmt, die optisch im Strom mitschwimmt, versinkt, sich unattraktiver macht als sie in Wahrheit ist.

Wie soll das also gehen, dass eine Überfrau wie Iris Berben ein schlichtes Mauerblümchen spielt?

Als Protokollantin sehen Sie ziemlich müde aus, tragen unauffällige Kleidung, haben graue Strähnen im Haar. Wie mutig mussten Sie sein, um sich in so eine unattraktive Frau zu verwandeln?

Iris Berben: Ich wehre mich ein bisschen gegen den Begriff „mutig“. Weil so eine Rolle genau das ist, was wir Schauspieler uns immer wünschen: eine Rolle, die möglichst weit weg von der eigenen Person ist. Und bei der Entwicklung der Figur war ziemlich schnell klar, dass diese Freya keine Siegerfrau ist.

Denn ihr Lebenssinn besteht nur noch darin, ihre verlorene Tochter wiederzufinden und zudem schaut sie durch ihre Arbeit bei der Kriminalpolizei täglich in die schlimmsten menschlichen Abgründe.

Welchen Teil Ihrer optischen Veränderung fanden Sie am schlimmsten?

Schlimm fand ich gar keinen – im Gegenteil. Die äußerliche Verwandlung hilft mir. Für mich waren die Schuhe, die ich trage, besonders wichtig …

Ja, das sind ganz furchtbar hässliche Schuhe gewesen …

Ja, aber Schuhe geben einer Person den spezifischen Gang. Die Eigenart. Und in diesem Fall bedeuten sie außerdem: Das ist ein Mensch, der achtet auf solche Dinge nicht mehr. Ihre Kleidung ist wie ein Schleier, dadurch wird sie ständig übersehen.

Iris Berben:
Iris Berben: © Reto Klar | Reto Klar

Wenn Iris Berben in einen Raum kommt, ist das anders, alle schauen auf Sie. Wie werden Sie zu einer unsichtbaren Frau?

Ich bin ja auch nicht nur das, was die anderen in mir sehen, ich bin ein eher schüchterner Mensch. Trotzdem, ich mache diesen Beruf mittlerweile seit 50 Jahren und habe mir Mechanismen angewöhnt, die einem das Leben in der Öffentlichkeit leichter machen. Je weniger Angriffsfläche du bietest, desto privater bleibst du auch.

Was die Darstellung betrifft, erarbeite ich mir so eine Figur immer auch über die Emotionalität. Und weil ich viel mit Menschen zu tun habe, über Lesungen, über mein Engagement gegen Ausgrenzung, bin ich immer nah dran an Menschen. Das dann umzusetzen, ist meine Arbeit.

Ihr Sohn Oliver Berben hat die Serie produziert. Wie ist es, mit ihm zusammenzuarbeiten? Er ist doch bestimmt mal bei den Dreharbeiten dabei gewesen?

Nein, überhaupt nicht. Wenn er am Anfang allen an der Produktion Beteiligten „Guten Tag“ sagt, ist das schon viel. Als Produzent ist man beim Dreh selten präsent.

Sind Sie nicht gerade in solchen Situationen unglaublich stolz auf ihn?

Ja. Ich bin natürlich stolz darauf, dass er seinen Weg gegangen ist und in der Branche anerkannt wird, das tut gut.

Ein anderer jüngerer Kollege, Moritz Bleibtreu, spielt Ihren Bruder. Sie beide passen richtig gut zusammen. Wie ist Ihr Verhältnis?

Wir haben nicht das erste Mal zusammen gespielt. Aber das erste Mal als Geschwister. Ich kenne ihn seit er zwölf ist, weil ich mit seiner Mutter, der Schauspielerin Monica Bleibtreu, befreundet war.

Er hat in einem Interview erzählt, dass er als Junge schon für Sie geschwärmt hat und Sie sehr „hot“ findet.

Das ist lustig.

Die Teile der Serie werden vorab in der Mediathek gezeigt, wie halten Sie es mit den neuen Möglichkeiten des On-Demand-Schauens?

Ich bin noch voll in der analogen Zeit. Wenn bei mir einer um 19 Uhr oder um 20 Uhr zur „Tagesschau“-Zeit anruft, bin ich schon sehr kurz angebunden. Trotzdem ändert sich das Sehverhalten vieler Zuschauer gerade sehr. Und da müssen auch die Öffentlich-Rechtlichen neben Netflix, Sky und Amazon-Prime neue Angebote machen.

Sie verlieben sich im Film, der Mann wird von Peter Kurth gespielt. Durften Sie ihn sich aussuchen?

Ich habe mich in Peter verliebt, als er „Herbert“ gespielt hat. Dafür wurde er 2016 auch als „Bester Hauptdarsteller“ mit dem Deutschen Filmpreis ausgezeichnet. Ich habe diesen Schauspieler immer bewundert.

Fragt Ihr Sohn Sie für die Besetzung um Rat?

Wir besprechen das gemeinsam mit Regie und Drehbuch. Der Stoff wurde für mich entwickelt und dann überlegt man, wer gut passen könnte.

Die Geschichte wurde extra für Sie geschrieben?

Wir waren auf der Suche nach Stoffen für mich. Nach „Rosa Roth“ wollte ich wieder etwas aus dem Genre Spannung und Kriminalgeschichte machen. Als der Autor Friedrich Ani meinem Sohn von der Idee zur „Protokollantin“ erzählte, war das der Beginn einer vierjährigen Entwicklung.

In „Babylon Berlin“ wirkt Kurth als Kommissar eher grobschlächtig, an Ihrer Seite körperlich attraktiv und das ganz ohne Sixpack …

Das versuche ich als erwachsene Frau den jüngeren immer zu erklären: Ein Sixpack reicht nicht aus. Das ist es nicht, was einen Mann attraktiv macht.

„Die Protokollantin“, Samstag, 20. Oktober 2018, 21.45 Uhr, ZDF