München. Matthias Brandt gegen Joachim Kròl – sie bewegen sich im „Polizeiruf“ in gesellschaftlichen Abgründen. Lohnt sich das Einschalten?

Ein totgeprügelter Syrer, vier rechtsradikale Schläger und eine ernüchternde Bestandsaufnahme: „Im Moment ist doch irgendwie jeder braun“, sagt Kommissar Hanns von Meuffels und gibt die Tonalität des düsteren „Polizeiruf 110 – Das Gespenst der Freiheit“ vor. Der arbeitet sich am maroden Zustand der deutschen Gesellschaft im Jahr 2018 ab.

Der Düsseldorfer Filmemacher Jan Bonny ist zu klug, um der Verführung zu erliegen, nur eine Polemik über Neonazis mitten unter uns zu inszenieren. Das hat es oft genug im Krimi gegeben. Er will das Abrutschen der ganzen Republik geißeln, dem sich der moralisch stets integere von Meuffels (Matthias Brandt) verzweifelt entgegenstemmt: Der Aufrechte droht diesmal verschüttet zu werden.

Schmieriger Verfassungsschützer

Sein Gegenspieler ist der von Joachim Kròl glänzend schmierig angelegte Verfassungsschützer Röhl, der andere Pläne verfolgt, als einen Mord aufzuklären. Er greift sich den Schwächsten der vier jungen Festgenommen, den entwurzelten Iraner Farim (Jasper Engelhardt), und will ihn als Spion gegen seine drei Kameraden und deren Kompagnons einsetzen.

Von Meuffels, der keinem der vier den Mord nachweisen kann, buhlt ebenfalls um das Vertrauen Farims, dessen Patzigkeit wie ein müder Verteidigungsreflex wirkt. Er hält ihn für einen Mitläufer unter den rechten Chaoten, der um jeden Preis dazugehören will. Der junge Bursche, zudem schwer verliebt in seine Freundin (Ricarda Seifried), die auch in der rechten Clique steckt, wird zwischen den Interessen der anderen und seinen eigenen Wünschen zerrieben.

Bonny stolpert über die eigene Inszenierung

Die Gesellschaftsfähigkeit rechten Gedankenguts gepaart mit Enthemmung und Gleichgültigkeit sind die Treiber für Bonnys Anklage, die schmerzhaft an Realitäten erinnert, denen man sich ungern stellt. Polizisten prügeln in der Haftanstalt Ausländer mit Knüppeln grün und blau, der Staatsanwalt erinnert von Meuffels daran, wie empfindlich die Öffentlichkeit derzeit reagiert, wenn Deutsche wegen eines Ausländers im Knast sitzen.

Und Röhl, der Zyniker, schließt: „Wenn die Bevölkerung rechts wählt, braucht sich der Neonazi nicht mehr wie ein Außenseiter zu fühlen.“

Leider stolpert Bonny bei diesem mächtigen Thema immer wieder über die eigene Inszenierung. Seine Thesen sind ihm wichtig, seine Figuren weniger. Vor allem der mörderische Schlägertrupp agiert in seiner krawalligen Überdrehtheit streckenweise clownesk. Eine Szene, in der die Krakeeler eine EU-Fahne verbrennen und dazu „Freude schöner Götterfunken“ schmettern, wirkt in ihrer Künstlichkeit lächerlich.

Selbst der junge Farim, zentrale Figur im bösen Spiel der Mächte, bleibt fremd, lässt keinen Raum für Nähe: Der Film verströmt überall eisige Kälte.

Analytischer Gesellschaftskrimi mit Schwächen

Und doch bedauert man schon, dass der wunderbare Matthias Brandt von Meuffels nur noch einmal spielen wird. Dieser kluge Beobachter, der aus der deutschen Kommissarriege so herausragt.

Fazit: Wuchtiger, analytischer Gesellschaftskrimi. Leider mit ein paar Schwächen in der Inszenierung.

ARD, Sonntag, 19. August, 20.15 Uhr