Köln. Micky Beisenherz übernimmt mit Susan Link die Vertretung im „Kölner Treff“. Das ist ein bisschen wie früher zu Hause, findet er.

Es ist, als käme er nach Hause. Nicht nur, weil Micky Beisenherz schon ein paar Mal vertretungsweise den „Kölner Treff“ moderiert hat, wenn Bettina Böttinger (62) gerade Urlaub hatte, weshalb er sich auf das Wiedersehen mit den Kollegen freut: „Rosi, die gute Seele der Redaktion“ habe schon angekündigt, einen Kuchen zu backen, erzählt Beisenherz.

Ein Zuhause-Gefühl hat er auch, weil Talkshows ihn ein bisschen an seine Kindheit erinnern: Castrop-Rauxel in den 80ern, er wuchs in einem Henrichenburger Mehrgenerationenhaus auf. Nach dem Abendessen saßen die Familienmitglieder im Wohnzimmer zusammen, erzählten sich Geschichten und drückten sich Sprüche rein. Wie in einer Talkshow, findet der 41-Jährige.

Beisenherz ist Autor fürs RTL-Dschungelcamp

Michael Beisenherz, genannt Micky: Mit diesem Namen konnten lange nur echte Fernseh­auskenner etwas anfangen. Beisenherz arbeitet hinter den Kulissen als Autor für das RTL-Dschungelcamp und trug viel dazu bei, die Wahrnehmung der Show zu verändern: Früher als Schmuddelfernsehen verunglimpft, wird sie heute von vielen Kritikern wegen ihrer pointierten und von Beisenherz erdachten Moderationen gefeiert.

Sein Humorverständnis wurde in seiner Kindheit und Jugend geprägt, wo er seine Schlagfertigkeit trainiert hat. „Das Ruhrgebiet ist so etwas wie das verbale Dodge City: Wer zuerst einen Spruch bringt, gewinnt das Duell.“

Beisenherz macht auch vor der Kamera eine gute Figur

Fünftagebart, fixierender Blick, breite Schultern: Beisenherz macht auch vor der Kamera eine gute Figur. Das haben zuletzt ausgerechnet die Öffentlich-Rechtlichen erkannt und setzen den Trash-Experten aus dem Privatfernsehen immer häufiger ein. „Es läuft dankenswerterweise gut“, sagt er beiläufig. Ein Protzer ist er nicht. Wird er auf seine im Fitnessstudio gestählten Oberarme angesprochen, scheint ihm das unangenehm zu sein. „Wenn das so auffällt, sollte ich in Zukunft vielleicht doch weitere Hemden tragen.“

In legeren T-Shirts hat er während der Fußballweltmeisterschaft zusammen mit dem journalistischen Schwergewicht Jörg Thadeusz (49) in der ARD das „WM Kwartira“ präsentiert, eine satirische Aufarbeitung der Spieltage. Fußball durch die Humorbrille – nicht jedem puristischen Fan gefiel das. Aber der BVB-Anhänger Beisenherz zeigte einem großen Publikum, was er kann – nämlich das Tagesgeschehen wunderbar leichtfüßig zu Pointen verarbeiten.

Beisenherz moderiert fünf Mal den „Kölner Treff“

Und jetzt also fünf Mal die WDR-Sommervertretung im „Kölner Treff“. „Ich bin ein großer Talkshow-Fan“, erzählt der gebürtige Recklinghäuser im plauderhaften Tonfall eines Mannes, dem man die Herkunft anhört und der jeden zweiten Satz mit einer Spitze enden lässt. „Beim Fernsehen ist es wie in einer Beziehung: Man wünscht sich Verlässlichkeit, aber es darf auch nicht zu vorhersehbar sein.“ Wie es kam, dass er zur ­festen Böttinger-Vertretung wurde? „Vielleicht hatte Marco Schreyl keine Zeit“, antwortet Beisenherz – ein Seitenhieb auf seinen Kollegen, der tatsächlich ziemlich oft im WDR zu sehen ist.

Gäste der ersten Sendung am Freitag (22 Uhr) sind unter anderen die Band Die Höhner und Schauspielerin Ruth Moschner (42). Allerdings versteht sich Beisenherz im Zusammenspiel mit seiner aus dem ARD-„Morgenmagazin“ bekannten Co-Moderatorin Susan Link (41) nicht als reine Humor-Abteilung. „Die Redaktion traut mir dankenswerterweise auch ernsthafte Gespräche zu. Ich bin über 40, da sollte man das können.“

Atze Schröder ebnete ihm den Weg

Wobei das so selbstverständlich gar nicht ist. Der seit zehn Jahren in Hamburg lebende Beisenherz ist Quereinsteiger. Nach einem abgebrochenen Sozialwissenschaftsstudium in Bochum heuerte er bei Radio NRW an und lernte dort den Comedian Atze Schröder kennen. „Wir haben dann schnell festgestellt, dass wir privat gut miteinander können und einen ähnlichen Humor haben“, so Beisenherz, der seit 16 Jahren Gags für Schröder schreibt – der erste Schritt auf dem Karriereweg.

2010 schließlich gab er den sicheren Job als Redakteur beim Radio auf und machte sich selbstständig. Er habe damals Ängste überwinden müssen. Schließlich hätte er auch scheitern können – ist er aber nicht. „Ich bin glücklich, dass ich es gemacht habe.“

• „Kölner Treff“, WDR, 3. August, 22 Uhr