Essen. Die Reportage „Fake Science“ am Montagabend um 21.45 Uhr im Ersten zeigt, wie dreist Wissenschaftler die Öffentlichkeit manipulieren.

„Wir treiben es auf die Spitze“, beschließen Svea Eckert und ihr NDR-Kollege Peter Hornung und geben sich kurzerhand als Wissenschaftler aus. In diesem Moment nimmt ihre halbstündige Reportage „Fake Science – Die Lügenmacher“ (Montagabend 21.45 Uhr, Das Erste) so richtig Fahrt auf.

Ungläubig und von gelegentlichen Lachkrämpfen gequält erlebt der Zuschauer eine geradezu absurde Geschichte, deren Plot von Ephraim Kishon stammen könnte. Oder aus dem unerschöpflichen Ideenfundus von Mark Twain.

Die Filmemacher wollen aufzeigen, wie die Öffentlichkeit mit gefälschten Studien in die Irre geführt wird: Unter Pseudonym verfassen die beiden eine „Studie“ zur Kommunikationsforschung. Das heißt: Ein Computerprogramm erstellt für sie einen englischsprachigen Text, reiht seitenweise Fachbegriffe aneinander, die zusammen nicht den geringsten Sinn ergeben.

Erfundene Universität in Himmelpforten

Unter der Absenderadresse einer frei erfundenen Universität in Himmelpforten, wo ja auch der Weihnachtsmann sein Postfach hat, wird der Unsinn bei einem sogenannten Wissenschaftsverlag eingereicht, der das Elaborat prompt und ohne Prüfung für eines seiner Online-Journale annimmt.

Grotesk, aber es wird noch aberwitziger. Weil es mit der ersten „wissenschaftlichen Veröffentlichung“ so gut geklappt hat, setzen die angeblichen Uni-Mitarbeiter noch eins drauf – sie reichen ihr Geschwurbel für eine internationale Fachkonferenz in London ein. Auch dort werden sie akzeptiert. Ihre größte Schwierigkeit: Bei der Vorstellung ihrer um neuen Blödsinn angereicherten Studie wollen sie seriös und bierernst auftreten.

Der Beifall ist sicher

Das Prusten und verzweifelte Lachen übernimmt dafür der immer fassungsloser werdende Zuschauer. Was Eckert/Hornung präsentieren, versteht kein Teilnehmer. Es interessiert auch nicht. Aber der Beifall ist sicher. Mit dem Abdruck im Konferenzjournal ist die Publikationsliste gewachsen – und damit das Renommee.

Viel ist in den letzten Tagen berichtet worden über wissenschaftliche Untersuchungen und Forschungsergebnisse, die ohne Überprüfung in Online-Fachmagazinen unseriöser Verlage veröffentlicht werden – WDR, NDR und „Süddeutscher Zeitung“ hatten mit Recherchen für Aufsehen gesorgt, wonach immer mehr Wissenschaftler in scheinwissenschaftlichen Zeitschriften publizieren.

Moderatorin Pielhau hatte Hoffnung

Auch die ARD-Reportage behandelt die eklatanten Verstöße gegen grundlegende Regeln der wissenschaftlichen Qualitätssicherung. Eine Onkologin des Uni-Klinikums Jena sieht den Hauptzweck von „Fake Science“ darin, ahnungslose Online-Kunden obskurer Produkte zu beeindrucken. Die 2016 an Krebs gestorbene TV- und Hörfunkmoderatorin Miriam Pielhau setzte ihre Hoffnungen bis zuletzt auf ein Wundermittel mit derart „wissenschaftlich belegter“ Wirksamkeit.

Indem die Autoren diesen persönlichen und für den Zuschauer nachvollziehbaren Fall als Einstieg nehmen, enthält diese Reportage über die realsatirischen Elemente hinaus eine tragische Dimension.

Fazit: Diese dreisten Methoden krimineller Wissenschaftler machen sprachlos.

ARD, Montag, 23. Juli, 21.45 Uhr