Der „Tatort“ aus dem Schwarzwald betont zwischenmenschliche Abgründe. Es braut sich Böses zusammen – Komplimente für diesen neuen Fall.

Es ist ein herber Anfang, selbst für einen „Tatort“. Zunächst nimmt man Teil am Glück eines verliebten jungen Mädchens, wenn es in die Video-Kamera spricht oder in der Natur herumtollt, und dabei offenbar von ihrem Freund gefilmt wird. Später sieht man diese Sonnhild dann in der Schule, wie sie vor der Klasse ganz inniglich die Kriemhild aus dem Nibelungenlied rezitiert.

Da sieht sie dann schon seltsam blass aus und bricht auch mitten im Text ohnmächtig zusammen. Nicht ins Krankenhaus bringt man sie, sondern nach Hause, auf den Ökohof der Großfamilie Böttger. Und dann ist sie plötzlich einfach tot.

Sonnhild wurde nicht mit dem nötigen Insulin versorgt

„Sonnenwende“ ist erst der zweite Schwarzwald-„Tatort“, und wieder fesselt er den Zuschauer, der zunächst nicht einmal ahnt, wo hier der Aufhänger für einen Krimi sein könnte. Bis die Dinge dann allerdings Gestalt annehmen, schwelgt Kameramann Stefan Sommer erst einmal in grandiosen Schwarzwald-Panoramen.

Und auf dem Hof der Böttgers nimmt der Kriminalfall Fahrt auf, seitdem feststeht, dass Sonnhild offenbar an Diabetes litt und nicht mit dem nötigen Insulin versorgt wurde. Die Kommissare Friedemann Berg (Hans-Jochen Wagner) und Franziska Tobler (Eva Löbau) machen sich also auf den Weg zum Hof der „Hardcore Ökos“.

Flammende Rede voll von Blut-und-Boden-Ideologie

Für Berg, selbst ein Hobbybauer, der eine spezielle Art von Pflaumen erntet, ist der Gang besonders schwer, weil Volkmar Böttger (Nicki von Tempelhoff) für ihn immer schon ein guter Freund war. Und auch jetzt, da Berg die Wanderarbeiter im Stich lassen, bietet er dem Kommissar unentgeltlich die Hilfe seiner Familie an. Der Ermittler bewundert seinen alten Freund, auch wenn er mit Frau und Kindern ein wenig weltfremd scheint durch seine Absage an Technik jeglicher Art.

Aber dann kommt die Beerdigung von Sonnhild, und Volkmar hält bei Fackelschein eine flammende Rede voll von Blut-und-Boden-Ideologie. Und dann singen die Kinder auch noch ein Lied, das einst für die Hitlerjugend komponiert wurde.

Fröhlichkeit wird in das Gesicht des Mädchens gezaubert

Der Drehbuchautor Patrick Brunken und der Regisseur Umut Dag lassen die Dinge sich angenehm langsam entwickeln. Der Fall an sich bleibt zwar stets im Zentrum, doch vor allem kümmert sich dieser Film um die Menschen in diesem Teil des Schwarzwaldes, wie sie leben und auch um ihr manchmal schwer zu begreifendes Denken.

Da macht es denn auch nichts, wenn die Spannung erst allmählich Fahrt aufnimmt. Wenn man begreift, wer sich tatsächlich hinter diesem Torsten (David Zimmerschied) verbirgt, der wohl als künftiger Mann für Sonnhild gedacht war und der mit seiner düsteren Erscheinung sicher nicht der Mann war, der die Fröhlichkeit zu Anfang in das Gesicht des Mädchens gezaubert hat.

Der Biobauer spricht lupenreines Deutsch

Wenn man so will, dann hat dieser starke „Tatort“ eigentlich nur einen Fehler: Wo so viel Heimat im Spiel sind, da spricht ausgerechnet der Biobauer keinen Dialekt, sondern lupenreines Deutsch. Das ist schade.

Fazit: Vor großartiger Schwarzwald-Kulisse braut sich Böses in jeder Beziehung zusammen – Komplimente für diesen „Tatort“.

ARD, Sonntag, 13. Mai, 20.15 Uhr