Der Regisseur Dani Levy dreht in Jerusalem eine Kurzfilm-Serie mit einer 360-Grad-Kamera. Die Produktion ist auf einer App zu sehen.

Ein israelischer Soldat befiehlt einer jungen Palästinenserin, aus dem Bus zu steigen. Ausweiskontrolle. Dann lädt er sie zu seiner Geburtstagsparty ein. Ein Comedian zieht auf offener Straße über Israel her, Passanten bleiben stehen, widersprechen. In Dani Levys Kurzfilm-Serie, die der Regisseur für das Jüdische Museum Berlin und den Kulturkanal Arte gedreht hat, liegen Witz und Tragödie eng zusammen.

Zu sehen sind die Filme aber nicht im Fernsehen, sondern über die Arte360VR-App auf Smartphones und Tablets. Das Besondere: Die Filme sind als Virtual-Reality-Videos (VR) in 360 Grad gefilmt.

360-Grad-Kamera zeigt was hinter ihr passiert

So taucht man mitten hinein in die filmische Welt, als wäre man selbst Teil der Geschichte. Mehr noch, in VR-Videos lässt sich das Geschehen verfolgen, wie es einem gefällt: Die 360-Grad-Kamera zeigt nicht bloß den ausgewählten Ausschnitt, sondern eben auch, was rechts, links und hinter ihr passiert. Am besten geht das mit sogenannten VR-Brillen, in die das Smartphone eingehängt wird und die das Bild direkt vor den Augen abspielen.

Das sind die heiligen Stätten Jerusalems

Der Felsendom in Jerusalem: Die goldene Kuppel wirkt wie ein Wahrzeichen für die ganze Stadt. Es handelt sich bei dem Bauwerk um eines der Heiligtümer des Islam. In Israel liegen die heiligen Stätten von Judentum, Christentum und Islam. Wir zeigen sie.
Der Felsendom in Jerusalem: Die goldene Kuppel wirkt wie ein Wahrzeichen für die ganze Stadt. Es handelt sich bei dem Bauwerk um eines der Heiligtümer des Islam. In Israel liegen die heiligen Stätten von Judentum, Christentum und Islam. Wir zeigen sie. © Getty Images | Spencer Platt
Nahe des Felsendoms (mit goldener Kuppel) befindet sich die Al-Aksa-Moschee mit dunkler Kuppel. Sie ist die drittwichtigste Moschee des Islam.
Nahe des Felsendoms (mit goldener Kuppel) befindet sich die Al-Aksa-Moschee mit dunkler Kuppel. Sie ist die drittwichtigste Moschee des Islam. © Getty Images | Spencer Platt
Der Tempelberg befindet sich im südöstlichen Teil der Altstadt von Jerusalem.
Der Tempelberg befindet sich im südöstlichen Teil der Altstadt von Jerusalem. © dpa | Oded Balilty
Die Grabeskirche in der Altstadt: Sie gilt als das wichtigste Heiligtum des Christentums. Laut Überlieferung wurde Jesus Christus hier nach seiner Kreuzigung begraben. Traditionell feiern Gläubige dort auch das Osterereignis: die Auferstehung Christi.
Die Grabeskirche in der Altstadt: Sie gilt als das wichtigste Heiligtum des Christentums. Laut Überlieferung wurde Jesus Christus hier nach seiner Kreuzigung begraben. Traditionell feiern Gläubige dort auch das Osterereignis: die Auferstehung Christi. © DEBBIE HILL | Debbie Hill
Blick ins Innere der Basilika.
Blick ins Innere der Basilika. © picture alliance/AP Photo | dpa Picture-Alliance / Dusan Vranic
Die Golgotakapelle mit dem griechisch-orthodoxen Kreuzigungsaltar in der Grabeskirche. Das aramäische Wort Golgota (Golgatha) bedeutet Schädel, die Bezeichnung für eine Felsformation, die die Form eines Schädels aufwies. Zwischen den Säulen, die die Altarplatte tragen, befindet sich das Felsloch, in dem das Kreuz gestanden haben soll, an dem Jesus starb. Viele Gläubige kriechen an diese Stelle unter die Altarplatte. Die Kapelle ist die 14. Station der Via Dolorosa.
Die Golgotakapelle mit dem griechisch-orthodoxen Kreuzigungsaltar in der Grabeskirche. Das aramäische Wort Golgota (Golgatha) bedeutet Schädel, die Bezeichnung für eine Felsformation, die die Form eines Schädels aufwies. Zwischen den Säulen, die die Altarplatte tragen, befindet sich das Felsloch, in dem das Kreuz gestanden haben soll, an dem Jesus starb. Viele Gläubige kriechen an diese Stelle unter die Altarplatte. Die Kapelle ist die 14. Station der Via Dolorosa. © © epd-bild / Norbert Neetz | Norbert Neetz
Die Via Dolorosa: In der Jerusalemer Altstadt erinnern am Karfreitag Tausende christliche Pilger auf dem Weg des Schmerzen an das Leiden und Sterben Jesu.
Die Via Dolorosa: In der Jerusalemer Altstadt erinnern am Karfreitag Tausende christliche Pilger auf dem Weg des Schmerzen an das Leiden und Sterben Jesu. © REUTERS | REUTERS / AMIR COHEN
Die Strecke vom Löwentor bis zur Grabeskirche soll in biblischer Zeit den Amtssitz des römischen Stadthalters Pontius Pilatus mit der Hinrichtungsstätte auf dem Hügel Golgotha verbunden haben. Wie Jesus schultern viele Gläubige auf der Via Dolorosa ein Holzkreuz.
Die Strecke vom Löwentor bis zur Grabeskirche soll in biblischer Zeit den Amtssitz des römischen Stadthalters Pontius Pilatus mit der Hinrichtungsstätte auf dem Hügel Golgotha verbunden haben. Wie Jesus schultern viele Gläubige auf der Via Dolorosa ein Holzkreuz. © © epd-bild / Debbie Hill | Debbie Hill
Die Klagemauer in Jerusalem: Sie gilt als eine der wichtigsten heiligen Stätten des Judentums.
Die Klagemauer in Jerusalem: Sie gilt als eine der wichtigsten heiligen Stätten des Judentums. © © epd-bild / Fröhlich | Fröhlich
Papst Franziskus bei seinem Besuch der Klagemauer im Mai 2014. Das Foto zeigt ihn, wie er ein Bittgesuch um Frieden in die Ritzen des Bauwerks steckt. Das machen auch viele andere Gläubige.
Papst Franziskus bei seinem Besuch der Klagemauer im Mai 2014. Das Foto zeigt ihn, wie er ein Bittgesuch um Frieden in die Ritzen des Bauwerks steckt. Das machen auch viele andere Gläubige. © epd | Osservatore Romano
Der Garten Gethsemane („Ölpresse“) am Fuße des Ölberges in Jerusalem: Hier soll  Jesus vor seiner Festnahme gebetet haben und durch den Judaskuss verraten worden sein.
Der Garten Gethsemane („Ölpresse“) am Fuße des Ölberges in Jerusalem: Hier soll Jesus vor seiner Festnahme gebetet haben und durch den Judaskuss verraten worden sein. © epd | Gerold Meppelink
Die „Kirche aller Nationen“ steht im Garten Gethsemane. Auch bekannt als Todesangstbasilika entstand sie mit Spenden vieler Nationen zwischen 1919 und 1924.
Die „Kirche aller Nationen“ steht im Garten Gethsemane. Auch bekannt als Todesangstbasilika entstand sie mit Spenden vieler Nationen zwischen 1919 und 1924. © © epd-bild / Norbert Neetz | Norbert Neetz
Die Himmelfahrtskapelle liegt auf der höchsten Stelle des Ölberges. Der Überlieferung zufolge soll Jesus Christus von hier aus zum Himmel aufgefahren sein.
Die Himmelfahrtskapelle liegt auf der höchsten Stelle des Ölberges. Der Überlieferung zufolge soll Jesus Christus von hier aus zum Himmel aufgefahren sein. © © epd-bild / Fröhlich | Fröhlich
Im Inneren der Kapelle ist der angeblich letzte Fußabdruck Jesu zu sehen.
Im Inneren der Kapelle ist der angeblich letzte Fußabdruck Jesu zu sehen. © epd | Gerold Meppelink
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Das ist ein völlig neues Seherlebnis, schwärmen alle, die es ausprobiert und ohne Schwindelanfall überlebt haben. Der Sogwirkung kann sich niemand entziehen. Kay Meseberg, Leiter der „Mission Innovation“ bei Arte, die diese App entwickelt hat, sieht in der brandneuen Technik deshalb das „Fernsehen von Übermorgen“. Bisher vor allem bei Dokumentarfilmen eingesetzt, wurde nun mit Dani Levy erstmals ein Kinofilm-Regisseur beauftragt, eine fiktionale Kurzfilm-Miniserie zu realisieren.

Kurzfilme sind überraschend politisch

„Glaube. Liebe. Hoffnung. Angst“ heißen die vier Geschichten, die in Jerusalem spielen. Den komödiantischen Blick, den der Schweizer Regisseur schon in seiner bekanntesten Komödie „Alles auf Zucker“ bewies, behält er auch in den neuen Videos. Dazu sind die Filme überraschend politisch: In einer Stadt „zwischen Traum und Trauma lässt sich Politik nie ausblenden“, erläutert er.

Entstanden in Zusammenarbeit mit dem Jüdischen Museum Berlin, nehmen sie uns ganz unmittelbar mit auf die Reise: In die Yafo Street, eine belebte Einkaufsstraße an einen Checkpoint im Osten der Stadt, wo wir mit an dem Tisch sitzen, wenn ein israelischer Soldat eine Palästinenserin befragt. Auf die Dächer der Altstadt. Und schließlich in eine große Bauruine, die einmal das Parlament des ersten palästinensischen Staates werden sollte, und nun allein von Tauben und Geistern behaust wird.

Produktion kostete insgesamt 320 000 Euro

Dass es ausgerechnet diese vier Geschichten sind, sei Zufall, erklärt Levy, der auch das Drehbuch voller unerwarteter Wendungen schrieb. Geplant war aber von Beginn an, zwei der fünf bis acht Minuten langen Filme aus der Perspektive der Palästinenser und zwei aus der von Israelis zu erzählen. „Obwohl es sehr schwierig war, wegen des Anti-Normalisierungs-Gebotes palästinensische Schauspieler zu finden.“

Auch technisch sei die etwa 320 000 Euro teure Produktion sehr herausfordernd gewesen. Denn die neue Technik verlange auch neue Formen: Um nicht selbst im Bild zu erscheinen, musste der Kameramann die 360-Grad-Kamera auf dem Kopf tragen – festgemacht an einem selbst gebasteltem Gestell. Und natürlich durfte er sich – um mit den Protagonisten und Zuschauern auf Augenhöhe zu bleiben – nur in der Hocke fortbewegen.

• Zu sehen sind die vier Folgen ab sofort noch bis zum 17. Juni in der Arte360 VR-App.