Essen. Die Doku „Macho, Macht, Missbrauch – der Fall Harvey Weinstein“ konzentriert sich ganz auf Vorwürfe gegen den Produzenten. Lohnt sie?

Es begann mit Vorwürfen gegen einen einzelnen Mann, wenn auch den mächtigsten Hollywoods: Im vergangenen Herbst beschuldigten Schauspielerinnen den Filmproduzenten Harvey Weinstein des sexuellen Missbrauchs.

Daraus entstand die weltweite #MeToo-Bewegung, ein Kampf gegen Belästigung, Übergriffe, Vergewaltigung. Von den ständig neuen Entwicklungen weiß die Dokumentation „Macho, Macht, Missbrauch – der Fall Harvey Weinstein“ von Jane McMullen und Leo Telling, die ZDFinfo am 1. Mai zeigt, nichts. Ihr Film entstand für die britische BBC und konzentriert sich ganz auf die Vorwürfe gegen den „König von Hollywood“.

Weinstein war ein Machtmensch, dem sich jahrzehntelang niemand ernsthaft in den Weg stellte – den lange kursierenden Gerüchten zum Trotz. Er wurde hofiert und bei seinen Filmfest-Auftritten bejubelt – wie die wenigen Bilder, die von ihm in dieser Dokumentation zu sehen sind, belegen. Er selbst wehrt sich in dem Film nur schriftlich und via Anwalt gegen die vorgebrachten Vorwürfe.

Das große Schweigen

Dafür erzählen Schauspielerinnen wie Katherine Kendall und Sean Young vor laufender Kamera, was ihnen – und offenbar vielen anderen – bei Treffen mit dem Filmproduzenten widerfahren ist. Auch Weinsteins ehemalige Assistentin Zelda Perkins kommt zu Wort. Sie versuchte schon vor zehn Jahren durchzusetzen, dass der Mann entlassen wird, sobald er sich einer Mitarbeiterin noch einmal auf derart übergriffige Weise nähert. Allerdings führte das zu keinerlei Konsequenzen.

Alle Aussagen zeichnen das Bild eines sexbesessenen Mannes, der damit prahlte, mit welchen Schauspielerinnen er schon geschlafen hat. Es ist auch das Bild eines lächerlichen Mannes, der womöglich zu viele Bogart-Filme gehen hat und sich seit seinem ersten Film, „Brennende Rache“, an diesem Männerbild orientierte.

Jedenfalls war seine Masche klischeehaft: Er lud junge Frauen unter geschäftlichen Vorwänden in sein Hotelzimmer oder seine Wohnung ein und überrumpelte sie, indem er sich ihnen nackt präsentierte.

Keine investigative Bemühungen

Es ist wichtig, die Frauen zu hören, die ihre demütigenden und traumatisierenden Erlebnisse schildern. Auch zeigt die Doku, wo ein weiterer Skandal liegt: Es ist das Verhalten der mitwissenden Männer. Zum Beispiel das des ehemaligen Produktionsleiters Paul Webster, der zugibt, die ganze Zeit über Bescheid gewusst zu haben.

Der aber nichts unternahm, weil er den Filmmogul fürchtete – und natürlich auch um seine Karriere. An dieser Stelle hätte man sich von den Machern eine investigativere Bemühung gewünscht: Der Frage, wie um Weinstein herum ein System des Schweigens entstehen könnte, gehen sie kaum nach. Stattdessen wird der Zuschauer eingelulllt von Glamour-Bildern aus Hollywood oder Cannes und nichtssagenden Straßenszenen aus New York.

Fazit: Die Doku trägt bereits bekannte Vorwürfe zusammen, ohne sie einzuordnen oder zu hinterfragen.

• Dienstag, 1. Mai, 20.15 Uhr, ZDFinfo.