Hamburg. Die Redaktionen von „Spiegel“ und „Spiegel Online“ sollen künftig zusammengelegt werden. An diesen Stellen hakt es bei dem Projekt.

Am Montag unterrichtete Geschäftsführer Thomas Hass die „Spiegel“-Mitarbeiter von dem wohl ambitioniertesten Projekt in der Geschichte des Nachrichtenmagazins: der geplanten Zusammenlegung der Redaktionen von „Spiegel“ und „Spiegel Online“ („SPON“).

Das Vorhaben gilt als schwierig: Die Arbeitsweise beider Redaktionen unterscheidet sich bisher fundamental. Während die „Spiegel“-Redakteure ein Wochenmagazin produzieren, aktualisieren ihre Kollegen von „Spiegel Online“ – so die Nachrichtenlage es erfordert – ihr Portal im Minutentakt. „Spiegel“ und „Spiegel Online“ erscheinen in unterschiedlichen Gesellschaften. Den „Spiegel“-Mitarbeitern gehört gut die Hälfte der Spiegel Gruppe, der „Spiegel Online“-Belegschaft gehört nichts.

Und dann sind da noch die „Doppelstrukturen“, die „interne Konflikte“ auslösen, wie Hass in seiner Rede sagte, deren Manuskript dieser Redaktion vorliegt. Das muss nicht zu einem Personalabbau führen, obwohl der Geschäftsführer einen solchen nicht kategorisch ausschloss.

Allein dass einige Redakteure von „Spiegel“ und „Spiegel Online“ liebgewonnene Posten verlieren könnten, dürfte für erhebliche Unruhe sorgen. Ein so diffiziler Prozess, wie es die Zusammenlegung zweier Redaktionen nun einmal ist, muss von einer starken Chefredaktion geleitet werden.

Ist die „Spiegel“-Chefredaktion noch stark?

Aber ist die von Klaus Brinkbäumer geführte „Spiegel“-Chefredaktion noch stark? Vor ein paar Wochen berichteten wir, dass der Hauptgesellschafter des „Spiegel“, die Spiegel Mitarbeiter KG, sich mit dem Gedanken trägt, die Chefredaktion neu zu besetzen.

Daraufhin bat in einer Redaktionskonferenz am Montag vor Ostern eben diese Chefredaktion, ihr das Vertrauen auszusprechen. Das geschah aber nicht. Jedoch gibt es auch noch keinen Gesellschafterbeschluss zur Abberufung Brinkbäumers. Er selbst will das nicht bewerten. Unsere Darstellung sei „unrichtig“. Was er für richtig hält, sagt er nicht.

Interessant ist, dass die Zweifel der Mitarbeiter KG an der Chefredaktion vor allem daher rühren, dass sie bisher kein Konzept für die Fusion der Redaktionen vorgelegt habe. Dass es hier ein Problem gibt, bestätigte Hass indirekt: „Nicht nur das publizistische Konzept, sondern auch die Organisationsstruktur einer integrierten Redaktion muss noch ausgearbeitet werden“, sagte er.

Brinkbäumer kämpft für höheres Tempo

Diese Aufgabe fällt in den Beritt der Chefredaktion. Das Vorhaben bleibt ein vages Projekt, solange es weder ein publizistisches Konzept noch eine Redaktionsstruktur gibt. Oder um es mit Hass’ Worten zu sagen: „Eine Entscheidung über die Verschmelzung von Print und Online ist ... noch nicht getroffen.“

Brinkbäumer sagt: „Ich habe meine Konzepte, natürlich auch zu einer Zusammenführung der Redaktionen von „Spiegel“ und „Spiegel Online“, mehrfach vorgestellt und kämpfe für ein höheres Tempo.“

Der Chefredakteur könnte die Zweifel an ihm wohl nur dann endgültig beseitigen, wenn er die Anteilseigner bis zur Gesellschafterversammlung Ende Mai von seinem wie auch immer gearteten Konzept überzeugt. Dann sollte die Mitarbeiter KG ihm das Vertrauen aussprechen – oder anderenfalls zusammen mit „Spiegel“-Gesellschafter Gruner + Jahr seine Absetzung beschließen. Eine Hängepartie hilft niemandem.

Wirtschaftsressort soll von Doppelspitze geführt werden

Eine schnelle Lösung muss auch deshalb her, weil Brinkbäumer ein Interessenskonflikt droht, den er selbst allerdings nicht sieht: Er verlängerte den am 1. Juli auslaufenden Vertrag von Wirtschafts-Chef Armin Mahler nicht. Mahler wird Autor. Das Ressort soll künftig eine Doppelspitze führen.

Prädestiniert für den Job sind Mahlers Stellvertreter Susanne Amann und Markus Brauck. Amann ist Sprecherin der Geschäftsführung der Mitarbeiter KG, also jenes Gremiums, das an Brinkbäumer zweifelt. Über ihre Beförderung soll er nun entscheiden.