Berlin. Die USA, Frankreich und Großbritannien fliegen Angriffe in Syrien. Doch die Gäste von Anne Will arbeiten sich vor allem an Russland ab.

Lynchjustiz! Wilder Westen! Zerballerte Diplomatie! Nein, der Linken-Politiker Jan van Aken schimpfte bei Anne Will am Sonntagabend nicht über den syrischen Diktator Assad, dem vorgeworfen wird, Giftgas gegen sein eigenes Volk eingesetzt zu haben. Auch galten seine markigen Worte nicht Russland, das sich noch immer schützend vor Assad stellt.

Was van Aken so auf die Palme brachte, war die militärische Antwort, die die USA, Frankreich und Großbritannien nach dem erneuten Einsatz von Chemiewaffen in Syrien gaben. Die drei Länder hatten in der Nacht zu Samstag gemeinsam Ziele im Bürgerkriegsland angegriffen. „Eine Bestrafungsaktion“ nannte das der FDP-Politiker Alexander Graf Lambsdorff. Es sei nicht hinzunehmen, dass das Regime Giftgas einsetze – übrigens zum wiederholten Male. Auch der Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, fand, dass eine rote Linie überschritten sei. „Sollen wir einfach zuschauen?“, frage er rhetorisch.

Linker stellt USA und Russland auf eine Stufe

Jan van Aken war der einzige in Wills Runde, der deutliche Kritik am Verhalten des Westens übte, der Russland und die USA auf eine moralische Stufe stellte. „Wer glaubt schon drei Ländern, die massiv das Völkerrecht gebrochen haben?“, stichelte van Aken. Die Diplomatie werde gerade „zerballert“. Er jedenfalls sei erschrocken, wie in Wills Runde mit Fakten umgegangen werde. Es sei nicht sicher, wer hinter dem Giftgas-Angriff stecke. Chlorgas gebe es immer und überall. Und den Amerikanern und Briten traue er spätestens seit dem Irak-Krieg in Sachen Bio- und Chemiewaffen nie wieder.

Die für die ARD aus Russland berichtende Korrespondentin Golineh Atai warf van Aken und seiner Partei fehlende Distanz vor. Es sei richtig, Fragen zu stellen. Allerdings mache sich die Linke mit der russischen Seite gemein. Und so wirkten auch van Akens Ausführungen, der Russland zwar pflichtschuldig tadelte, aber bei den USA und dem Westen immer ein Tick angriffslustiger, ja überzeugter wirkte. Die russische Propaganda aus dem Staatsfernsehen relativierte er durch Sätze wie: „Ich glaube aber auch die Propaganda der USA nicht“.

Putin stecke in schwieriger Lage

Das Land von Wladimir Putin, immerhin darüber herrschte Einigkeit in Wills Runde, nimmt in Syrien eine unrühmliche Rolle ein. „Russland will eine Supermacht sein, das Sozialprodukt ist aber kleiner als in Italien“, analysierte Ex-Diplomat Ischinger. Präsident Putin habe sich in eine schwierige Lage manövriert. Der syrische Diktator, vor den er sich schützend stelle, sei schwer zu kontrollieren. Jetzt suche er nach einem gesichtswahrenden Ausweg.

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    Und Deutschland? Bundeskanzlerin Merkel hat den Militärschlag zwar befürwortet, doch mit weiterer Unterstützung ist wohl nicht zu rechnen. „Das wird auch nicht erwartet“, sagte der CDU-Außenexperte Norbert Röttgen. Die Opposition sieht das naturgemäß anders. Der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Alexander Graf Lambsdorff, sagte, das Verhalten der Bundesrepublik sei keine Bewerbung für einen ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat. „Uns hat keiner gefragt, weil die Kanzlerin schon vorher gesagt hat, dass wir nicht dabei sind“, so Lambsdorff. Und auch Wolfgang Ischinger meinte, es sei „nicht in Ordnung“, wenn das größte europäische Land eine Statistenrolle einnehme.

    Russland will kein Partner mehr sein

    Was aber viel dramatischer ist: Russland, und dieser Analyse widersprach niemand, habe kein Interesse mehr, Partner des Westens zu sein. „Sie haben gesehen, dass sie sich nicht aus der europäischen Peripherie befreien können“, so ARD-Korrespondentin Atai. Eine westliche Sicherheitsarchitektur sei entstanden, in der Russland keine Rolle spiele. Und jetzt orientiere sich das Land eben in Richtung Türkei und Iran.

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      Das zumindest lässt wenig Gutes erahnen. Weitere Stellvertreter-Kriege wie in Syrien könnten drohen. Immerhin schlug der Chef der Münchner Sicherheitskonferenz zum Ende der Sendung versöhnliche Töne in Richtung Moskau an. „Wir müssen weiter das Ziel verfolgen, einen möglichst partnerschaftlichen Umgang mit Russland zu haben“.

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