Essen. Der neue „Lissabon-Krimi“ kommt zwar mit schönen Portugal-Aufnahmen daher. Aber Spannung kommt in „Der Tote in der Brandung“ kaum auf.

Wenigstens als Hommage an die portugiesische Hauptstadt erfüllt „Der Tote in der Brandung“ alle Erwartungen. Kameramann Klaus Merkel taucht die Stadtansichten gerade auch nachts in ein betörend schönes Licht. Leider sind die Schauwerte das Beste an diesem „Lissabon-Krimi“, denn echte Spannung kommt kaum auf.

Im Mittelpunkt steht der von Jürgen Tarrach verkörperte Pflichtverteidiger Silva, der unter einem Verlust leidet: Vor zwei Jahren ist seine Frau Valentina bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Damals ist Silva auch als Oberstaatsanwalt zurückgetreten, weil er an einem Korruptionsfall gescheitert ist; er ist bis heute überzeugt, dass die Hintermänner für Valentinas Tod verantwortlich waren.

Angesichts dieser biografischen Details, die das Drehbuch (Kai-Uwe Hasenheit und Patrick Brunken, Regie: Sibylle Tafel) nach und nach offenbart, ist die eigentliche Handlung deutlich weniger fesselnd: Joana Soares (Alexandra Gottschlich) wird beschuldigt, ihren Mann erschossen und wie ein Paket verschnürt in den Tejo geworfen zu haben. Silva braucht nicht lange, um herauszufinden, dass die Frau unmöglich die Mörderin sein kann. Tatsächlich führt die Spur zur Mafia: Das Opfer war in einen schwunghaften Handel mit gestohlenen Medikamenten verwickelt.

Hauptfiguren sind interessanter als Geschichte

Interessanter als die unnötig kompliziert erzählte Geschichte ist die Kombination der beiden Hauptfiguren, denn Silva ist, wenn auch eher unfreiwillig, nicht allein: Sein cleverer Schachpartner (Luis Luca) hat ihm die Zusage abgeknöpft, dass seine Nichte ihr Referendariat bei dem Verteidiger absolvieren darf.

Eduardo (Jürgen Tarrach) und Assistentin Marcia (Vidina Popov).
Eduardo (Jürgen Tarrach) und Assistentin Marcia (Vidina Popov). © ARD Degeto/Armando Claro | ARD

Die junge Frau namens Marcia (Vidina Popov) entpuppt sich als äußerst hartnäckig und lässt sich auch durch Silvas zuweilen ruppige Art nicht beeindrucken. Silva ist mindestens doppelt so alt (und doppelt so schwer) wie seine junge Mitarbeiterin; damit kommt eine Beziehung zwischen den beiden mit Rücksicht auf das ARD-Stammpublikum nicht infrage.

Weil romantische Elemente aber gern gesehen sind, gibt es einen Dritten im Bunde, der in den weiteren Filmen der Reihe garantiert noch dafür sorgen wird, dass Marcia hin und hergerissen ist: Staatsanwalt dos Santos (Christoph Schechinger), Silvas Gegenspieler vor Gericht, zeigt sich von der ehrgeizigen Juristin nicht bloß beruflich imponiert.

Vidina Popov ist eine Entdeckung

Nachwuchsschauspielerin Vidina Popov, eine Wienerin mit bulgarischen Wurzeln, macht ihre Sache in ihrer ersten Hauptrolle richtig gut; die anderen Darstellerinnen sind dagegen nicht durchgehend überzeugend. Die meisten Nebenrollen sind mit Einheimischen besetzt, die zwar markante Gesichter haben, aber hör- und sichtbar synchronisiert worden sind.

Auch das trägt zum schwachen Gesamteindruck bei. Selbst das Finale, als gemäß der Devise „Auge um Auge“ der Sohn des Mafia-Bosses (André Gargo) sterben soll und Silva sein eigenes Leben riskiert, um das Kind zu retten, ist längst nicht so fesselnd, wie sich die Autoren das vermutlich vorgestellt haben.

Fazit: Lissabon ist toll. Der Film ist es bei Weitem nicht.

ARD, Donnerstag, 4. April, um 20.15 Uhr