Essen. “Helen Dorn“ gräbt sich in die Welt der Schönen und Reichen: Ein Gutsbesitzer soll das Kindermädchen seiner Tochter vergewaltigt haben.

Perfektes Lächeln, schnieke Frisur, galante Pose: Das Familienfoto wirkt wie aus einem 70er-Jahre-Heimatfilm. Doch je glänzender der Auftritt, desto dunkler bekanntlich die Geheimnisse.

Zumindest erfüllt die großbürgerliche Dynastie der Familie Lorenz diese Annahme nach allen Regeln der Kunst.

Einblicke in die Welt der Schönen und Reichen

Mit der Folge „Schatten der Vergangenheit“ gräbt sich die ZDF-Krimiserie „Helen Dorn“ mit Anna Loos als Düsseldorfer Ermittlerin tief in die Welt der Schönen und Reichen hinein und bringt dort hinter Hochglanzfassaden und Familienporträts zielsicher den Schmutz zum Vorschein.

Dafür frischen Regisseur Alexander Dierbach und Autor Clemens Murath einen Klassiker des Krimigenres auf: der böse Multimillionär gegen das wehrlose Mädchen.

Ein Gutsbesitzer (Thomas Loibl) sitzt in Untersuchungshaft, weil er das Kindermädchen seiner kleinen Tochter (Lola Liefers, im echten Leben übrigens Tochter von Hauptdarstellerin Anna Loos) vergewaltigt haben soll – in der Villa, die er mit Ehefrau Britta (Ina Weisse) bewohnt.

Beginn eines kleinteiligen Ermittlungspuzzles

Helen Dorn (Anna Loos) mit ihrem Kollegen Weyer (Tristan Seith).
Helen Dorn (Anna Loos) mit ihrem Kollegen Weyer (Tristan Seith). © ZDF und Willi Weber | Willi Weber

Doch als sein Anwalt kurz vor Prozessbeginn plötzlich verschwindet, kommen Zweifel an der Geschichte auf und ein kleinteiliges Ermittlungspuzzle beginnt.

Dynamisch und konzentriert stellt der Krimi die Lebensweise der Superreichen an den Pranger: Wirklich menschlich verhält sich in diesem Universum, in dem sich alles um Bankkonto und Statussymbole dreht, nämlich kaum jemand.

Immer deutlicher treten die ungesunden Machtverhältnisse der Familie zutage – aufgedeckt durch eine Polizei, die zielstrebig die Verstrickungen entwirrt.

Schroffe und eigensinnige Kommissarin

Einziger Nebenschauplatz: Durch ihre Beziehungen zu einer der Tatverdächtigen wird Helen Dorn (Anna Loos) auch privat in den Fall verwickelt. Britta Lorenz ist nämlich eine alte Schulfreundin der Kommissarin, ein Fakt, den sie ihren Vorgesetzten vorsorglich verschweigt.

Breiter ausgespielt wird diese Befangenheit jedoch kaum – auch, weil diese Verschwiegenheit zur Figur der Helen Dorn passt, denn die ist ja bekanntlich alles andere als ein redelustiger Sonnenschein.

Doch genau dort liegt auch das Problem der Folge: Wirkte Dorn zu Beginn der Serie noch unnahbar und geheimnisvoll, erscheint sie nun nur noch unsympathisch.

Dorn punktet mit messbarem Erfolg in ihrem Job

Wenn sie beispielsweise die Anmerkungen eines Mitarbeiters, den Tatverdächtigen nicht vorzuverurteilen, nur mit einem harschen „Ich habe keine Zeit für solchen Kram“ abschmettert und weiter vom „Vergewaltiger“ spricht, gerät das Gleichgewicht zwischen Attitüde und Unbelehrbarkeit ins Wanken.

Schon klar, Helen Dorn ist eine Figur, die männliche Klischees auslebt: Schroff und dominant punktet sie in ihrem Job nicht mit Sozialkompetenzen, sondern mit messbarem Erfolg. Doch was im Laufe der Serie fehlt, ist ein Bruch, der die Kommissarin ihren Zuschauern trotz allem nahebringt.

Fazit: Spannender Fall mit einer Kommissarin, deren Charakterzeichnung sich zunehmend erschöpft hat.

• Samstag, 17. März, 20.15 Uhr, ZDF: „Helen Dorn“