Berlin. Der österreichische ORF überprüft sein Engagement bei Facebook. Aber wie stehen die deutschen Öffentlich-Rechtlichen zu dem Netzwerk?

Spricht man mit den Intendanten von ARD, ZDF und Deutschlandradio über ihre Konflikte mit Zeitungs- und Zeitschriftenverlagen, betonen sie, dass sie diese Auseinandersetzungen lieber heute als morgen beilegen würden. Schließlich verbinde Verlage und Öffentlich-Rechtliche mehr als sie trenne: Beide stünden für Qualitätsjournalismus. Beide würden von US-Internet-Riesen wie Facebook und Google bedroht. Auch der neue ARD-Vorsitzende, der Intendant des Bayerischen Rundfunks Ulrich Wilhelm, sieht das so.

Wenn man aber überprüft, was die Öffentlich-Rechtlichen denn konkret so gegen die übermächtigen Monopolisten unternehmen, findet man so gut wie nichts. Ganz im Gegenteil: ARD, ZDF und Deutschlandradio tummeln sich auf den Plattformen der Internet-Konzerne wie Fische im Wasser. Öffentlich-rechtliche TV-Sender nutzen gern Googles Bewegtbild-Portal YouTube. Und so manche Talkshow bei ARD und ZDF endet mit dem Hinweis, man könne ja bei Facebook noch weiterdiskutieren.

ORF will Engagement in Sachen Facebook überdenken

Angesichts dieser Praxis mutet eine Ankündigung des Online-Chefs des ebenfalls öffentlich-rechtlich verfassten österreichischen ORF, Thomas Prantner, revolutionär an. Dem „Handelsblatt“ hatte er vergangenen Mittwoch gesagt: „Wir werden auch unser Engagement in Sachen Facebook überdenken – sowohl was die Promotion für Facebook in den ORF-Medien als auch was die Anzahl unserer Auftritte betrifft. Warum sollen wir mit unseren Inhalten dafür sorgen, dass ein börsennotierter Konzern aus dem Silicon Valley seine Werbeeinnahmen steigern kann?“

Nun muss man wissen, dass in Österreich die Verbindung der kommerziellen Social-Media-Plattform Facebook mit dem öffentlich-rechtlichen ORF seit jeher äußerst kritisch gesehen wird. Der Sender musste prozessieren, bevor er seine Inhalte auch auf dem sozialen Netzwerk anbieten durfte.

Strache für eine Abschaffung der Rundfunkgebühr

Zudem fällt Prantners Vorstoß in eine Zeit, in der seine Anstalt mit dem Rücken zur Wand steht. Gerade erst hat sich der österreichische Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) für eine Abschaffung der Rundfunkgebühr starkgemacht. Die Regierungspartnerin des Rechtspopulisten, die konservative ÖVP, hält sich bei dem Thema bedeckt.

Doch auch wenn man die österreichischen Besonderheiten beiseite lässt, lohnt es sich, das Verhältnis der deutschen Öffentlich-Rechtlichen zu den Internet-Riesen zu überdenken. Es verlangt ja niemand von ARD, ZDF und Deutschlandradio, sich komplett von YouTube und Facebook zurückzuziehen. Natürlich sollen auch öffentlich-rechtliche Sender ihre Inhalte über die immer wichtiger werdenden Social-Media-Kanäle verbreiten dürfen.

Kooperationen zwischen Verlagen und Öffentlich-Rechtlichen

Die Frage ist nur, ob tatsächlich jedes noch so kleine öffentlich-rechtliche Angebot einen eigenen Facebook-Account braucht. Haben ARD, ZDF und Deutschlandradio überhaupt eine Strategie für den Umgang mit den schwierigen Partnern aus dem Silicon Valley? Facebook etwa hat mit der letzten Algorithmus-Änderung die Sichtbarkeit von Medienangeboten verschlechtert. Zudem gibt es Anzeichen, dass das Unternehmen selbst zu einem Medienproduzenten werden könnte. In den USA hat es für seinen Bewegtbilddienst Watch bereits Übertragungsrechte an der nordamerikanischen American-Football-Liga NFL erworben.

Eine gemeinsame Strategie von Öffentlich-Rechtlichen und Verlagen im Umgang mit den Internetkonzernen ist erst recht nicht erkennbar. Auch hier könnte man von Österreich lernen, wo der ORF zumindest auf einem anderen Feld schon sehr eng mit Verlagen zusammenarbeitet. Bereits seit Januar 2017 können dort Zeitungen und Zeitschriften über die von der Nachrichtenagentur APA betriebene Austria Video Plattform Bewegtbilder des ORF für ihre Digitalangebote abrufen. Auf diesem Gebiet kooperieren Verlage und Öffentlich-Rechtliche in Deutschland allenfalls punktuell.

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Noch steht sie im Impressum als Leiterin des „Spiegel“-Kulturressort. Das ist formal auch richtig, denn Elke Schmitter hat zwar bereits vor mehreren Wochen ihren Posten aufgegeben – jedoch erst mit Wirkung zum „Sommer“, wie „Spiegel“-Chefredakteur Klaus Brinkbäumer auf Anfrage mitteilt. Aber da sie sich wegen eines Lehrauftrags eine seit langem geplante halbjährige Auszeit genommen hat, steht die Kulturjournalistin de facto schon jetzt nicht mehr an der Spitze ihres Ressorts. Kommissarischer Ressortleiter ist nun Kulturredakteur Nils Minkmar.

Die Demission der 57-Jährigen kommt überraschend. Brinkbäumer hatte sie erst zum 1. März 2017 zur Ressortleiterin berufen. Nach Angaben des Chefredakteurs wird sie künftig wieder „als Autorin“ für das Nachrichtenmagazin arbeiten. In Redaktionskreisen heißt es, dass sie von Anfang an mit ihrer Rolle als Ressortleiterin nicht warm geworden sei. Inwiefern ein Vorfall Ende 2017 ihren Abgang beschleunigte, ist unklar: Sie soll für ihr Ressort einen Chef vom Dienst verlangt haben, ein Wunsch, den Brinkbäumer abschlägig beschied.