Essen. Wer hat den Koch ermordet? Das ist die Frage im ZDF-Krimi „Der Kommissar und das Meer“. Fesselndes Psychogramm einer gestörten Familie.

„Du wirst deine Meinung über ihn bald ändern, wenn du die Wahrheit erfährst“, schreit ein junger Mann ins Handy, während er versucht, mit seinem Wagen einem nächtlichen Verfolger zu entkommen. Am nächsten Morgen ist er tot, erschossen. Der Wagen mit der Leiche wird auf dem Gelände eines Kieswerks entdeckt.

Die kurze Verfolgungsfahrt bleibt die einzige Szene des Gotland-Krimis „Der wilde Jack“, der man vielleicht das Prädikat „hektisch“ zusprechen könnte. Seit Walter Sittler 2007 erstmals als Kommissar Robert Anders in der ZDF-Krimi-Reihe „Der Kommissar und das Meer“ ermittelte, gilt für die deutsch-schwedische Koproduktion: Atmosphäre geht vor Action. Auch diesmal erwächst der Ausnahmezustand aus dem scheinbar Alltäglichen. Die Spannung entsteht durch die ungeheure Ruhe, die von Minute zu Minute bedrückender und beunruhigender wird.

Der Koch liebte seine Chefin

Robert Anders (Walter Sittler, r.), Ewa Swensson (Inger Nilsson) und Thomas Wittberg (Andy Gätjen) im Gespräch.
Robert Anders (Walter Sittler, r.), Ewa Swensson (Inger Nilsson) und Thomas Wittberg (Andy Gätjen) im Gespräch. © ZDF und Stephan Rabold | Stephan Rabold

In seinem nunmehr 24. Fall (Buch: Annette Hess; Regie: Thomas Roth) beginnt Anders seine Ermittlungen im Umfeld eines renommierten Hotels und Reiterhofes. Für deren Besitzer David und Camilla Hellgren hatte der Ermordete als Koch gearbeitet. Auch Davids Schwester Marit und Schwager Kris träumen von einer Zukunft in der Hotelbranche und wollen ein heruntergekommenes Pensionat umbauen.

Doch die Pläne werden überschattet von Kris’ krimineller Vergangenheit; Sohn Jack wird wegen des Vaters in der Schule gemobbt und reagiert zunehmend aggressiv. Als Anders und sein Kollege Wittberg (Andy Gätjen) herausfinden, dass Camilla eine Affäre mit dem Koch hatte und von diesem schwanger ist, gerät Witwer David unter Mordverdacht.

Ein schreckliches Familiengeheimnis

Mit jeder Wendung, mit jedem offenbar in eine Sackgasse führenden Ermittlungsschritt werden neue Abgründe hinter einer bürgerlichen Fassade sichtbar. Je mehr der Krimi zum verstörenden, generationsübergreifenden Psychogramm einer Familie wird, desto mehr rückt Robert Anders in den Hintergrund.

David Hellgren (Linus Wahlgren, l.) bedroht seinen Vater Hasse Hellgren (Dag Malmberg).
David Hellgren (Linus Wahlgren, l.) bedroht seinen Vater Hasse Hellgren (Dag Malmberg). © ZDF und Stephan Rabold | Stephan Rabold

Walter Sittler als besonnener und geduldiger Kommissar wird zum zentralen, aber eben nicht allgegenwärtigen Ruhepol. Das lässt die Mitakteure umso intensiver die tragischen Facetten eines schrecklichen Familiengeheimnisses aufleuchten. Gern greifen Regie und Kamera dann zu Groß- und Nahaufnahmen.

Großartige Schauspieler aus Schweden

Wie stets kommen bis auf Sittler und Gätjen alle Darsteller aus Schweden. Und wieder zeigt sich, welch großartige Schauspieler das skandinavische Land aufbieten kann. Andreas Utterhall als Kris etwa, vor allem aber Ida Engvoll als Marit, die mancher vielleicht aus der TV-Serie „Die Brücke“ in Erinnerung hat. Und natürlich Ex-„Pippi Langstrumpf“-Kinderstar Inger Nilsson als Gerichtsmedizinerin Ewa.

Fazit: Das ruhige Tempo ist nicht jedermanns Sache. Wer sich aber darauf einlässt, erlebt das fesselnde Psychogramm einer gestörten Familie. Dazu gibt es schwedische Darsteller, die man gern öfter im deutschen Fernsehen sehen würde.

ZDF, Samstag, 27. Januar, 20.15 Uhr