Berlin. Schleichwerbung? Für den Werberat ist die „Bild“-Story über Sophia Thomalla am Kreuz erledigt. Und: Turbulenzen bei tagesschau.de.

Eigentlich hätte der Deutsche Werberat dieser Tage über ein Motiv des Lotterievermittlers Lottohelden beraten sollen. Es zeigt das knapp bekleidete Model Sophia Thomalla in Jesus-Pose am Kreuz und sorgte Mitte Dezember für reichlich Aufregung. Bei dem Kontrollgremium der deutschen Werbewirtschaft waren deshalb mehrere Beschwerden eingegangen.

Doch für den Werberat hat sich die Sache erledigt. Denn mit der halbnackten Thomalla am Kreuz wurde weder online noch offline geworben, wie Werberat-Geschäftsführerin Julia Busse auf Anfrage bestätigt.

Motiv erschien im redaktionellen Teil der „Bild“

Tatsächlich erschien das Motiv zuerst ausschließlich in Axel Springers „Bild“ – und zwar nicht als Anzeige, sondern in großer Aufmachung im redaktionellen Teil der Zeitung. „Das Kreuz-Gehänge ist eine Werbeaktion für Lottohelden mit dem Slogan: ,Weihnachten wird jetzt noch schöner‘“, schrieb das Blatt, verschwieg aber, dass die Aktion exklusiv auf seinen Seiten lief. Erst danach stiegen andere Medien auf das vermeintliche Werbemotiv ein.

„Wir hatten ursprünglich vorgehabt, das ausschließlich redaktionell zu treiben“, sagt Lottohelden-Gründer Matthias Höfer offenherzig. Zum Zeitpunkt des Erscheinens des Artikels habe es aber zumindest die „Überlegung“ gegeben, auch normal zu werben. Diese Idee sei aber nach Veröffentlichung des Stücks in „Bild“ verworfen worden. „Wir hatten danach unser Ziel erreicht“, sagt Höfer.

Mehr Aufmerksamkeit geht kaum

Der Zentralverband der deutschen Katholiken hatte sich aufgeregt. Bei „Maischberger“ wurde lang und breit über die gekreuzigte Thomalla diskutiert. Zahlreiche Zeitungen griffen die Story auf, auch unsere Redaktion. Mehr Aufmerksamkeit geht nicht.

Es ist zweifelhaft, dass die Neigung von Lottohelden sonderlich ausgeprägt war, auch auf herkömmlichem Weg mit dem Motiv zu werben. Unmittelbar vor Erscheinen der „Bild“-Story postete Thomalla auf Instagram ein Bild von dem Fotoshooting und verwies dabei nicht auf eine neue Werbekampagne, sondern auf den bevorstehenden Artikel des Boulevardblatts.

Brand Studios produziert für „Bild“ Native Advertising

„Warum? Weshalb? Wieso? @bild weiss es“, schrieb sie in recht eigenwilliger Orthografie. Lottohelden ist nach Auskunft von Höfer zudem Kunde des Brand Studios von „Bild“, was Springer bestätigt. Diese Firma produziert für das Boulevardblatt sogenanntes Native Advertising, also Werbung, die sich auf den ersten Blick kaum von redaktionellen Inhalten unterscheidet. Allerdings sei, so Höfer und Springer unisono, das Brand Studio nicht mit dem Kreuz-Motiv befasst gewesen.

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Ein Springer-Sprecher sagt, „Bild“ habe „vorab Fotos aus dem Werbeshooting bekommen und redaktionell unabhängig entschieden, dass dieses gesellschaftlich gerade in der Adventszeit provokante Motiv der Werbung (Sophia Thomalla am Kreuz) für uns eine Geschichte ist“.

Ein Fehlverhalten von „Bild“ mag er nicht erkennen. Für Lottohelden war diese Berichterstattung jedenfalls ganz hervorragende Werbung. Reklame in Zeitungen, die nicht als solche ausgewiesen ist, gilt übrigens als unerlaubte Schleichwerbung. Selbst Native Advertising muss als Anzeige gekennzeichnet werden.

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Chefin von tagesschau.de schmeißt hin

Paukenschlag bei tagesschau.de: Die Redaktionsleiterin der Digitalausgabe des ARD-Flaggschiffs Christiane Krogmann hat offenbar bereits am Mittwoch von jetzt auf gleich ihren Job geschmissen. Das Vertrauensverhältnis zu ihrem Vorgesetzten, dem Chefredakteur von ARD-aktuell Kai Gniffke, der auch „Tagesschau“ und „Tagesthemen“ verantwortet, sei völlig zerrüttet gewesen, heißt es in Redaktionskreisen.

Während einige Quellen sagen, Gniffke habe Krogmann bei der Modernisierung von tagesschau.de ausgebremst, erklären andere, die Redaktionsleiterin habe ein zu ausgeprägtes Machtbewusstsein. Der für ARD-aktuell zuständige NDR bestätigt auf Anfrage Krogmanns Rücktritt. Sie genieße das „vollste Vertrauen der Chefredaktion“.