Weimar. Der Weimar-„Tatort“ bleibt seiner Linie treu. „Der wüste Gobi“ ist zwar nicht der beste Fall der Reihe, aber immer noch ein sehr guter.
Der Frauenwürger strickt in der geschlossenen Psychiatrie quietschbunte Dessous im Akkord. Und ja, die Damen sind seinen platten Verführungskünsten auch hinter Gittern offensichtlich nicht mal abgeneigt. Wer den „Tatort“ bierernst will, steigt natürlich früh aus diesem aus, selbst wenn der Verwirrte dann sehr krimihaft die Flucht ergreift und zwei tote Krankenschwestern zurückbleiben, die hoffnungslos in ihn verknallt waren.
„Der wüste Gobi“, dem Jürgen Vogel mit sorgenvoll-nervöser Miene und ungebremster Sexlust eine geradezu rührende Beklopptheit verleiht, ist natürlich ein perfektes Exemplar aus dem schrulligen Verliereruniversum des Weimar-„Tatorts“. Der erweist sich mit lässigem Humor und verspielten Bonmots alljährlich als elegantere Alternative zum dröhnenden Münster-„Tatort“, aber ein bisschen überdreht mag das manchem immer noch erscheinen.
Arzt diagnostiziert stets „dissoziale Persönlichkeitsstörung“
Murmel Clausen und Andreas Pflüger, die alle Weimarer Fälle mit dem fröhlich herumfrotzelnden Ermittler-Ehepaar Lessing (Christian Ulmen) und Dorn (Nora Tschirner) geschrieben haben, versammeln auch hier ein herrliches Panoptikum an skurrilen Figuren, die Gobis Flucht durch die Stadt und ihre Kanalisation säumen. Und die Frage aufwerfen, ob die wahren Verrückten nicht diesseits der Gitter leben.
„Tatort Weimar“: Jagd nach dem Würger
Allen voran Gobis behandelnder Arzt (wunderbar aufgedreht: Ernst Stötzner), der grundsätzlich „dissoziale Persönlichkeitsstörung“ diagnostiziert, weil’s halt immer funktioniert, und Gobis Geliebte (Jeanette Hain), die ihm in scheinbar tiefster Ergebenheit alles durchgehen lässt. Gags gibt es genug, einige herrlich respektlos oder süffisant, andere platter als in den Weimar-Vorgängern. Dorns und Lessings stetig missglückende Beischlafversuche zählen sicher zur letzten Kategorie.
Beim Weimar-„Tatort“ jammert man auf hohem Niveau
Und in den Witz, dass Lessing Gobis Namen Bigamiluschvatokovtchvili als Einziger unfallfrei über die Lippen bringt, sind die Autoren so verliebt, dass sie ihn etwa 20-mal aufführen lassen. Regisseur Ed Herzog bringt leider erst spät Zug in die dahindümpelnde Geschichte, die doch ganz originelle Facetten bietet. Schade.
Fazit: Weimar war schon besser. Aber das ist Jammern auf hohem Niveau.
• Dienstag, 26. Dezember, ARD, 20.15 Uhr: „Tatort: Der wüste Gobi“