Weimar. Der Weimar-„Tatort“ bleibt seiner Linie treu. „Der wüste Gobi“ ist zwar nicht der beste Fall der Reihe, aber immer noch ein sehr guter.

Der Frauenwürger strickt in der geschlossenen Psychiatrie quietschbunte Dessous im Akkord. Und ja, die Damen sind seinen platten Verführungskünsten auch hinter Gittern offensichtlich nicht mal abgeneigt. Wer den „Tatort“ bierernst will, steigt natürlich früh aus diesem aus, selbst wenn der Verwirrte dann sehr krimihaft die Flucht ergreift und zwei tote Krankenschwestern zurückbleiben, die hoffnungslos in ihn verknallt waren.

„Der wüste Gobi“, dem Jürgen Vogel mit sorgenvoll-nervöser Miene und ungebremster Sexlust eine geradezu rührende Beklopptheit verleiht, ist natürlich ein perfektes Exemplar aus dem schrulligen Verliereruniversum des Weimar-„Tatorts“. Der erweist sich mit lässigem Humor und verspielten Bonmots alljährlich als elegantere Alternative zum dröhnenden Münster-„Tatort“, aber ein bisschen überdreht mag das manchem immer noch erscheinen.

Arzt diagnostiziert stets „dissoziale Persönlichkeitsstörung“

Murmel Clausen und Andreas Pflüger, die alle Weimarer Fälle mit dem fröhlich herumfrotzelnden Ermittler-Ehepaar Lessing (Christian Ulmen) und Dorn (Nora Tschirner) geschrieben haben, versammeln auch hier ein herrliches Panoptikum an skurrilen Figuren, die Gobis Flucht durch die Stadt und ihre Kanalisation säumen. Und die Frage aufwerfen, ob die wahren Verrückten nicht diesseits der Gitter leben.

„Tatort Weimar“: Jagd nach dem Würger

Fünf Jahre nach seiner Verurteilung bricht der dreifache Frauenmörder Gobi (Jürgen Vogel) aus der Psychiatrie aus. Er hinterlässt dort eine erwürgte Krankenschwester.
Fünf Jahre nach seiner Verurteilung bricht der dreifache Frauenmörder Gobi (Jürgen Vogel) aus der Psychiatrie aus. Er hinterlässt dort eine erwürgte Krankenschwester. © MDR/Wiedemann&Berg | Anke Neugebauer
Gobi hat eine Vorliebe für Frauen und selbstgestrickte Unterwäsche. Die Kommissare Lessing (Christian Ulmen) und Kira Dorn (Nora Tschirner) begutachten Gobis Handarbeiten.
Gobi hat eine Vorliebe für Frauen und selbstgestrickte Unterwäsche. Die Kommissare Lessing (Christian Ulmen) und Kira Dorn (Nora Tschirner) begutachten Gobis Handarbeiten. © MDR/Wiedemann&Berg | Anke Neugebauer
Mimi Kalkbrenner (Jeanette Hain) ist Gobis Verlobte. Hat sie etwas mit seinem Ausbruch zu tun?
Mimi Kalkbrenner (Jeanette Hain) ist Gobis Verlobte. Hat sie etwas mit seinem Ausbruch zu tun? © MDR/Wiedemann&Berg | Anke Neugebauer
Mimi ist jedenfalls die erste Person, die Gobi nach seiner Flucht aufsucht. Er fragt sich: Können diese Hände töten? Oder doch nur stricken?
Mimi ist jedenfalls die erste Person, die Gobi nach seiner Flucht aufsucht. Er fragt sich: Können diese Hände töten? Oder doch nur stricken? © MDR/Wiedemann&Berg | Anke Neugebauer
Professor Eisler (Ernst Stötzner) ist der Leiter der forensischen Psychiatrie. Er ruft die Kommissare zu sich, weil seine Frau erwürgt im Bett liegt.
Professor Eisler (Ernst Stötzner) ist der Leiter der forensischen Psychiatrie. Er ruft die Kommissare zu sich, weil seine Frau erwürgt im Bett liegt. © MDR/Wiedemann&Berg | Anke Neugebauer
Die Leiche ist völlig verkohlt. Eisler hatte seine Frau mit einer Heizdecke warm gehalten. Doch es gab einen Kurzschluss.
Die Leiche ist völlig verkohlt. Eisler hatte seine Frau mit einer Heizdecke warm gehalten. Doch es gab einen Kurzschluss. © MDR/Wiedemann&Berg | Anke Neugebauer
Hat Gobi wieder zugeschlagen?
Hat Gobi wieder zugeschlagen? © MDR/Wiedemann&Berg | Anke Neugebauer
Dorn und Lessing suchen nach dem getürmten Patienten.
Dorn und Lessing suchen nach dem getürmten Patienten. © MDR/Wiedemann&Berg | Anke Neugebauer
Gobi und Mimi werden von jemandem überrascht.
Gobi und Mimi werden von jemandem überrascht. © MDR/Wiedemann&Berg | Anke Neugebauer
Lessing ist bei einem actionreichen Sprung von der Terrasse in eine Waschbärfalle geraten.
Lessing ist bei einem actionreichen Sprung von der Terrasse in eine Waschbärfalle geraten. © MDR/Wiedemann&Berg | Anke Neugebauer
Gobi flüchtet durch die Kanalisation.
Gobi flüchtet durch die Kanalisation. © MDR/Wiedemann&Berg | Anke Neugebauer
Professor Eisler ist ihm auf der Spur.
Professor Eisler ist ihm auf der Spur. © MDR/Wiedemann&Berg | Anke Neugebauer
Lessing und Dorn haben inzwischen durchschaut, wer für die Morde verantwortlich ist.
Lessing und Dorn haben inzwischen durchschaut, wer für die Morde verantwortlich ist. © MDR/Wiedemann&Berg | Anke Neugebauer
Sie finden Professor Eisler verwundet in der Kanalisation.
Sie finden Professor Eisler verwundet in der Kanalisation. © MDR/Wiedemann&Berg | Anke Neugebauer
Polizeichef Kurt Stich (Thorsten Merten) ist stolz auf sein Team – und erzielt einen Erfolg gegen einen langjährigen Erzfeind.
Polizeichef Kurt Stich (Thorsten Merten) ist stolz auf sein Team – und erzielt einen Erfolg gegen einen langjährigen Erzfeind. © MDR/Wiedemann&Berg | Anke Neugebauer
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Allen voran Gobis behandelnder Arzt (wunderbar aufgedreht: Ernst Stötzner), der grundsätzlich „dissoziale Persönlichkeitsstörung“ dia­gnostiziert, weil’s halt immer funktioniert, und Gobis Geliebte (Jeanette Hain), die ihm in scheinbar tiefster Ergebenheit alles durchgehen lässt. Gags gibt es genug, einige herrlich respektlos oder süffisant, andere platter als in den Weimar-Vorgängern. Dorns und Lessings stetig missglückende Beischlafversuche zählen sicher zur letzten Kategorie.

Beim Weimar-„Tatort“ jammert man auf hohem Niveau

Und in den Witz, dass Lessing Gobis Namen Bigamiluschvatokovtchvili als Einziger unfallfrei über die Lippen bringt, sind die Autoren so verliebt, dass sie ihn etwa 20-mal aufführen lassen. Regisseur Ed Herzog bringt leider erst spät Zug in die dahindümpelnde Geschichte, die doch ganz originelle Facetten bietet. Schade.

Fazit: Weimar war schon besser. Aber das ist Jammern auf hohem Niveau.

• Dienstag, 26. Dezember, ARD, 20.15 Uhr: „Tatort: Der wüste Gobi“