Berlin. . In „Kästner und der kleine Dienstag“ spielt Florian David Fitz den berühmten Autor. Er weiß, was junge Leser an dessen Werk fasziniert.

Florian David Fitz spielt Erich Kästner – eine Verwandlung vom Schauspiel- zum Dichteridol. Wie ging das? Über den ARD-Film „Kästner und der kleine Dienstag“ und über das Besondere an Kästners Kinderfiguren erzählt der viel beschäftigte Fitz (43).

Sie erzählen die Geschichte von Kästner und einem Fan, den es tatsächlich gegeben hat. Warum hatten seine Kindergeschichten von Anfang an so viele Anhänger?

Florian David Fitz: Kästner hat etwas sehr Wichtiges erfunden: Bei ihm bestimmen Kinder selbst, was sie tun. Und sie sind dabei vielleicht sogar die klügeren Erwachsenen, haben das bessere Gespür. Derart ernst genommen zu werden, finden junge Leser natürlich toll. Und Kästner verbindet das mit einer Verantwortung: Er verlangt, dass Kinder ihren Kopf und ihr Herz nutzen sollen.

Wie haben Sie sich Kästner als Figur zu eigen gemacht?

Fitz: Uns waren äußerlich Grenzen gesetzt, weil ich einfach nicht so aussehe wie er. Gleichzeitig gibt es genug Material, um sich Kästner von der anderen Seite zu nähern. Er war ja kein Autor, der sich in seinem Werk versteckt. Man kann ganz klar seine Lebenshaltung erkennen. Und man weiß, wie er gelebt hat, dass er kein Kostverächter war. Damit hat man ja schon ziemlich viel zusammen.

Sie erzählen die Entwicklung von Kästner als gefeiertem „Emil und die Detektive“-Autor bis dahin, wo er von den Nazis verfemt wurde ...

Fitz: Das war sehr beeindruckend in dem Café, in dem die Kreativen um Kästner sich aufhielten: Die waren rotzfrech und sagten, wir spucken doch den Dummköpfen auf den Kopf. Und dann merkten sie, wie sich das Klima Stück für Stück ändert und sie den Nazis nichts mehr entgegenzusetzen hatten. Dieselbe Ratlosigkeit, was Populismus angeht, haben wir immer noch.

Sie sehen Parallelen zu heute?

Fitz: Ich hatte schon einen Schreck in den Knochen sitzen, als ich den fertigen Film gesehen habe. Weil sich die Stimmung in Deutschland auch geändert hat, während wir gedreht haben (im Sommer 2015, Anm. d. Red.). Das heißt nicht, dass Geschichte sich wiederholt. Aber dieser Schreck, der uns hier in Europa noch vom Zweiten Weltkrieg im Nacken sitzt, der verbraucht sich offenbar langsam.

Die Nazis damals haben ihre Weltsicht ja nicht erfunden, diese Art, die Schuld an allem Schlechten anderen zu geben. Sie haben es nur auf die Spitze getrieben. Der Mensch trägt diese Seite in sich, und das wird er immer tun. Man kann ihn nur erschrecken und sagen: Pass auf, das kann zur Katastrophe führen, wenn du dem freien Lauf lässt.

Ein Film vom Niedergang der ersten deutschen Demokratie: Warum ist das eigentlich ein Weihnachtsfilm?

Fitz: Es ist ein totaler Weihnachtsfilm! Er ist zwar traurig, aber kommt ja auch mit so einem Schmelz daher. Da ist so ein doppelter Boden, den ich ganz toll finde. Man hat das Gefühl, es ist wie eine Kästnergeschichte. Der kleine Junge ist wie eine Kästnerfigur. Und selbst Kästner ist wie eine Kästnerfigur. Natürlich ist es todtraurig am Ende. Es ist eine wahre Geschichte. Das ist es ja, was einen so traurig macht. Aber wer sagt, dass Weihnachtsgeschichten nicht einen anderen Kern haben können?