Berlin. „Keine zweite Chance“ ist ein packender Sat.1-Zweiteiler. Eine verzweifelte junge Frau kämpft um das Leben ihrer entführten Tochter.

Irgendetwas piept. Ruckartig schlägt Nora Schwarz (Petra Schmidt-Schaller) die Augen auf und starrt an die Decke ihres Krankenzimmers. Über ihrem Bett baumelt eine Notfallklingel, in einer Ecke summt das EKG. In Noras Kopf: gähnende Leere.

Erst Tage später kann die junge Mutter den Albtraum rekonstruieren, der sie mit schweren Schussverletzungen auf die Intensivstation gebracht hat. Nicht nur wurde ihr Ehemann bei einem vermeintlichen Überfall erschossen, ihre kleine Tochter Jella (Amelie Theine) ist seit dem Verbrechen auch noch in den Händen anonymer Entführer.

Geschichten voller menschlicher Abgründe

„Keine zweite Chance“ heißt Alexander Dierbachs packender Thriller, eine Verfilmung des gleichnamigen Romans von Harlan Coben. Seine Krimis gehören mit zum Besten, was die internationale Spannungsliteratur derzeit zu bieten hat.

Mit kalten, fast farblosen Bildern führt Dierbach seine Zuschauer dabei in zwei jeweils 90-minütigen Teilen durch Geschichten voller menschlicher Abgründe. Neben klassischen Thrillerelementen, die die Suche nach dem Kind zu einem nervenaufreibenden Versteckspiel machen, nutzt er vor allem die psychischen Tiefen seiner Figuren für den Spannungsaufbau.

Die beiden Hauptdarstellerinnen tragen den Film

Getragen wird der Film von zwei geradezu gegensätzlichen weiblichen Hauptcharakteren: Auf der einen Seite spielt Petra Schmidt-Schaller Nora Schwarz als beeindruckend zerbrechliche Figur im Zentrum des Sturms. Immer wieder bricht die junge Mutter zusammen und ist dabei so eindringlich, dass man ihr als Zuschauer am liebsten mitfühlend über den Kopf streichen möchte. „Man muss sich in die Situation einarbeiten, muss nachfühlen, wie es ist, wenn man seinen Mann oder sein Kind verliert und es einfach verschwunden bleibt“, sagt Schmidt-Schaller.

Josefine Preuß spielt die Rolle der Entführerin Lydia mit brachialer Härte.
Josefine Preuß spielt die Rolle der Entführerin Lydia mit brachialer Härte. © (c) SAT.1 | Christiane Pausch

Ihr gegenüber steht Josefine Preuß in der Rolle der Entführerin. Mit Augenringen und Mir-doch-egal-Attitüde spielt sie die Figur der Lydia, ein vom eigenen Absturz verfolgtes Ex-Popsternchen, das nach dem Castingshow-Zuckerwattetraum jetzt vor dem Realitätsschock steht. Klatschblätter und Showbusiness haben sie in den Drogenrausch getrieben, der Plattenvertrag ist weg, das gute Image sowieso.

Die Täterin als Opfer ihrer Lebensumstände

Preuß spielt diese Lydia mit brachialer Härte. Ein starker Kontrast zu ihrem unschuldig wirkenden Puppengesicht. Wie in den vielen Filmen über Kindesentführungen, die zurzeit fast inflationär gezeigt werden – gerade erst war der Polizeiruf zu dem Thema – , ist auch hier die Täterin mehr Opfer ihrer Lebensumstände und keine skrupellose Verbrecherin. Der Ansatz ist also nicht wirklich originell.

Fazit: Die Geschichte ist packend, vielleicht an einigen Stellen unlogisch. Und die Kommissare Sarah Bäumler (Inez Bjørg David) und Peter Leyen (André Szymanski) ein wenig zu eindimensional gezeichnet. Doch diesen Makel machen die beiden Hauptdarstellerinnen wett.

Sendetermin: Dienstag, 5. Dezember, 20.15 Uhr, Sat.1 (2. Folge Dienstag, 12. Dezember, 20.15 Uhr)