Berlin. . Drama um einen besessenen Ermittler: Roeland Wiesnekker sucht als Polizist in „Der Kommissar und das Kind“ eine entführte Zweijährige.

Man kennt diesen Topos des Thrillers zur Genüge, der von einer Frau mit ungestilltem Kinderwunsch erzählt, die schließlich nicht mehr anders kann, als das Baby einer anderen Mutter zu rauben. Man hat deshalb keine großen Erwartungen, wenn man zu Beginn von „Der Kommissar und das Kind“ eine seltsame Frau (Silke Bodenbender) im Halbdunkel zu sehen bekommt, die in ihrem Kinderwagen lediglich eine Puppe transportiert.

Wir müssen denn auch nicht lange warten, bis die TV-Moderatorin Caroline Schäfer (Anja Kling) ihre zweijährige Tochter Paulina vermisst, die aus ihrem Bettchen verschwunden ist. Doch dann ist bald nichts mehr so, wie man es erwartet hat.

Kommissar ist ein menschliches Wrack

Denn Regisseur Andreas Senn und seine Autoren Christoph Darnstädt und Annette Simon locken den Zuschauer auf viele falsche Fährten. Die größte Überraschung überhaupt ist der leitende LKA-Ermittler Martin Brühl (Roeland Wiesnekker): Ein Wrack von einem Menschen, der jedoch der Mutter das Versprechen gibt, ihr die kleine Tochter wieder zurückzubringen.

Vor zwei Jahren hatte er bereits einen ähnlichen Fall. Er konnte ihn nicht aufklären – das Kind wurde nie gefunden. Seitdem ist Brühl schwer angeschlagen, leidet unter Schlaflosigkeit und Depressionen, hat das Erscheinungsbild eines ungepflegten Kettenrauchers und wird von Versagensängsten geplagt.

Krähen stoßen aus Wandschränken hervor

Es ist schon ein Ereignis, Wiesnekker mit seinem schmerzerfüllten Gesicht in dieser Rolle zu erleben. Er fühlt sich von Krähen verfolgt, die ihm selbst aus Wandschränken entgegenzuflattern scheinen. Und wenn er sich im Krankenhaus verläuft, dann nehmen die Gänge für ihn plötzlich derart bedrohlich rote Farbe an, dass man meinen könnte, hier versuche einer, der Hölle zu entkommen. Es ist nicht übertrieben zu sagen, dass man mit diesem völlig kaputten Ermittler als Zuschauer förmlich mitleidet.

So verbissen sich Brühl über mehrere Tage hinweg in diesen Fall verbeißt, so groß ist die Resignation bei der Mutter des entführten Kindes. Eine viel zu spät geforderte Lösegeldübergabe ist gescheitert, was die TV-Moderatorin endgültig glauben macht, das alles sei eine Art Bestrafung für sie persönlich, weil sie keine gute Mutter gewesen sei.

Der Ermittler müsste sich mal ausschlafen

Die Frage nach dem Täter stellt sich dem Zuschauer gar nicht erst: In guter Hitchcock-Manier bekommt er von Anfang an Einblick in die Gedankenwelt der Täterin. Trotzdem nehmen die Überraschungen kein Ende. Nur allmählich will sich ein Puzzle formen. Die Spannung jedenfalls wird bis zum Schluss gehalten.

Martin Brühl wünscht man am Ende vor allem einen langen Schlaf. Und seiner Freundin, der LKA-Psychologin Susanne (Meike Droste), dass es jetzt auch wieder mit dem Zwischenmenschlichen klappt. Denn Brühls Maxime lautet: „Ich arbeite nicht mit Frauen, mit denen ich schlafe.“

Fazit: Ein Kleinkind wird entführt, aber nichts läuft nach vorhersehbaren Mechanismen. Ein spannend bleibender Krimi mit einem körperlich schwer angeschlagenen Ermittler.

K ZDF, 20.15 Uhr