Essen . Im „Münster-Tatort“ suchen die Kommissare Thiel und Boerne einen Serienmörder. Doch der Fall ist nicht mal Münsteraner Durchschnitt.

Es passt wohl nur nach Münster, wenn die erste Leiche in einer Clown-Skulptur steckt. Boerne und Thiel mögen als „Tatort“-Spaßvögel zuletzt ein paarmal künstlerisch abgestürzt sein, aber die Liebe des Publikums ist den beiden ja stets gewiss, und die Tonart ändert sich daher auch nicht wirklich.

„Gott ist auch nur ein Mensch“, stellen sie diesmal fest und tauchen sichtbar amüsiert in die überhitzte Kunstwelt der Stadt ein, die sich im Glanz der internationalen Skulpturtage sonnen möchte.

Keine Slapstick-Einlagen

Der Serienmörder, dessen Spur sie in der gewohnten Gelassenheit aufnehmen, „verarbeitet“ seine Opfer mit Vorliebe zu mittelprächtigen Kunstwerken. Die Toten waren zu Lebzeiten schlechte Menschen, so scheint es. Irgendwer mit künstlerischer Ader übt da offenbar Selbstjustiz.

So weckt man den Ehrgeiz der Gegenseite, Rätsel zu lösen, Boerne (Jan Josef Liefers) in der beliebt schnöseligen Art, Thiele (Axel Prahl) als burschikoser Buddy, zart genervt und spöttisch gestimmt. Slapsticks vermeiden sie diesmal weitestgehend, kleine Kabbeleien natürlich nicht, die funktionieren ja generell als Schmierstoff für ordentlich geölte Krimikomödien.

Was ist schon normal im Münster-„Tatort“?

Die Komödie siegt indes wieder mal über den Krimi, obwohl sich die beiden Herren für ihre Verhältnisse eher zurückhalten. Aber spannend will es einfach nicht werden. Auch Stefan Wulffs Musik signalisiert ja eher, dass es so schlimm am Ende nicht kommen wird. Unter Flauberts zitiertem Motto „Der Mensch ist nichts, das Werk alles“ führen uns Lars Jessen (Regie) und seine Autoren Christoph Silber und Thorsten Wettcke bei der Suche nach dem Killer stattdessen ein Panoptikum an überdrehten Kunstkaspern vor.

Allen voran den titelgebenden G.O.D., den Zoltan Rajinovic anlegt, als hätte Markus Lüpertz mit neuen Drogen experimentiert, um sich als Sänger bei Rammstein zu bewerben. Der Meister mit dem finsteren Blick und der bedrohlich tiefen Stimme zerkloppt Skelette zu Kleinholz oder fackelt die erbärmlichen Versuche seiner Schüler schon mal ab. Der ist so hauptverdächtig, dass er natürlich für den geübten Krimigucker als Täter nicht infrage kommt. Aber was ist schon normal im Münster-„Tatort“?

Kuratorin als Karikatur einer Diva

Auf jeden Fall auch nicht die frühere Kuratorin der Skulpturenschau, die Gertie Honeck zu einer exaltierten Diven-Karikatur mit viel Schminke und fetten Ohrringen verkommen lässt. Ihre aufgedrehter Tochter und Nachfolgerin als Kuratorin (Victoria Mayer) möchte mit Thiel gern die Anziehsachen tauschen, was für ein Einfall. Die benebelte Aktionskünstlerin (Raphaela Möst), die sich am liebsten von innen filmt, hätte es da gar nicht mehr gebraucht, um alle Vorurteile über diese abgedrehte Mischpoke zu bedienen.

Wenn’s ein Seitenhieb auf den ja zugegebenermaßen selbstverliebten Kunstbetrieb sein soll, dann hat Lars Jessen leider mit dem Breitschwert so heftig zugedroschen, dass der ironische Ansatz pulverisiert wird. „In der Kunst ist alles erlaubt, solange es Aufmerksamkeit generiert“, muss dann auch noch einer sagen, als wäre eine Überschrift nötig. Wer sich schon immer fragte, warum ein paar Striche von Picasso Kunst seien, wird das alles vermutlich sehr lustig finden.

Fazit: „Ist das Kunst oder kann das weg?“ Kann weg. Nicht mal Münsteraner Durchschnitt.

• „Tatort: „Ist das Kunst oder kann das weg?“, Sonntag, 19. November, ARD, 20.15 Uhr