Berlin. Arme verlieren Jobs, Konzerne drücken sich um Milliarden-Steuern? Bei Maischberger ging es um die ganz großen Gerechtigkeitsfragen.

Ein Satz der arbeitslosen Air-Berlin-Stewardess Anja Barbian brachte auf den Punkt, worum sich die Sendung bei Sandra Maischberger am Mittwochabend drehte: „Ich denke, nicht alles, was nicht ausdrücklich verboten ist, ist auch erlaubt“, sagte die ehemalige Flugbegleiterin entsetzt.

Sie sprach damit das Missverhältnis an, das der Air-Berlin-Vorstandsvorsitzende Thomas Winkelmann trotz der krachenden Pleite noch sein Gehalt von 4,5 Millionen bekommt, während Mitarbeiter wie Anja Barbian den Job und die Perspektive verlieren.

„Legal, illegal, ganz egal“ reimte die Redaktion den Titel der Sendung zusammen. Sie hängte das Thema an der Pleite von Air Berlin auf, eigentlich warf sie aber die große Gerechtigkeitsfrage auf. Im Zuge der „Paradise Papers“ stritten die Gäste später über die Steuertricks von Großkonzernen und Superreichen.

Wenn Schlupflöcher nicht illegal sind, wo ist das Problem?

Christoph Lütgert, ehemaliger Moderator von Panorama und Chefreporter des NDR.
Christoph Lütgert, ehemaliger Moderator von Panorama und Chefreporter des NDR. © imago/Horst Galuschka | Horst Galuschka

Bei den obszönen Auswüchsen, wie der Journalist Christoph Lütgert am Beispiel von Lewis Hamilton zeigte. Dessen Geschichte taucht in dem Datenleak der „Paradise Papers“ auf. Über einen Steuertrick sparte sich der Formel-1-Fahrer die Einführungssteuer für sein Privatflugzeug.

„Ich bin empört, dass jemand, der ein Privatvermögen von Millionen hat, der Allgemeinheit für einen solche Luxusartikel die Steuern vorenthält“, sagte Lütgert, Mitglied des Rechercheverbundes von WDR, NDR und „Süddeutscher Zeitung“. Die „Paradise Papers“ legten offen, dass Konzerne wie Apple oder Nike sich mithilfe von Steueroasen um Steuern in Milliardenhöhe gedrückt haben.

Sind die Gesetze in Deutschland zu lasch?

Der Immobilienunternehmer und Autor Josef Rick.
Der Immobilienunternehmer und Autor Josef Rick. © imago/Horst Galuschka | Horst Galuschka

Laut dem Immobilienunternehmer Josef Rick unbedingt. Er nahm in der Runde eine Rolle ein, die bei den anderen Gästen auf Verwunderung stieß. Einerseits nutzte er immer wieder selbst legale Tricks beim Kauf von Häusern, andererseits spricht er offen darüber, um auf die Schlupflöcher aufmerksam zu machen.

Mit einem rechtlichen Kniff — so genannten „Shared Deals“ — umgingen Immobilienunternehmen zum Beispiel die Grunderwerbssteuer beim Ankauf von Gebäuden. Andere Ausnahmen bestehen bei denkmalgeschützten Gebäuden.

„Die wahren Verursacher davon sind in der Politik“, kritisierte Rick. „Wenn legal Dinge möglich sind, die uns wirtschaftlich und moralisch nicht weiterbringen, kann das nicht richtig sein.“ Daher brauche es klare Steuerregeln ohne Ausnahmen.

Sind Änderungen in Sicht?

Die Linken-Politikerin Janine Wissler.
Die Linken-Politikerin Janine Wissler. © imago/Horst Galuschka | Horst Galuschka

Leider nicht unmittelbar. Das kritisierte auch die stellvertretende Bundesvorsitzende der Linken, Janine Wissler. „Dass man sich in der EU nicht auf Mindeststeuersätze einigen kann und dagegen, sich von Konzernen ausspielen zu lassen, ist unmöglich“, so die Linken-Politikerin. Solche Missstände berührten das Gerechtigkeitsgefühl der Menschen.

„Wenn ein kleiner Verein einen Verwaltungsfehler macht, ist die Förderung passé, aber bei großen Konzernen geht das einfach durch“, kreidete sie an. Und betonte: „Mir fehlt der politische Wille.“ Da sah sich ein Gast in der Runde nur bestätigt: die Stewardess Anja Barbian, die vor kurzem ihren Job verlor.

Hier geht’s zur Sendung in der ARD-Mediathek.