Berlin. Ein Präsident außer Rand und Band: Bei Maybrit Illner wurde deutlich, dass vor allem ein Land von Trump profitiert – nicht die USA.

Der Präsident, na klar, spuckte mal wieder große Töne. Nordkorea werde Feuer und Wut erleben, drohte Donald Trump kürzlich. Die Weltgemeinschaft zuckte zusammen, doch der US-Präsident blieb sich treu. Auch 365 Tage nach seinem Wahlsieg macht Trump das, was er am besten kann: Beleidigen, pöbeln, die Muskeln spielen lassen.

Eine Lernkurve scheint es bei diesem Präsidenten nicht zu geben. Trotzdem lohnt sich ein genauer Blick auf den mächtigsten Mann der Welt. Pünktlich zum Jahrestag seiner Wahl ergriff Maybrit Illner den Versuch, das Phänomen Donald Trump zu beleuchten. Und ja: es gelang ausgezeichnet. Wo sonst Politiker sitzen, sich – leider zu oft – in Wahlkampfphrasen ergeben, setzte Illner diesmal in der Mehrheit auf Experten. Klar, das nimmt Schärfe aus der Diskussion, dafür gewinnt die Debatte im besten Fall an Tiefe.

Gute US-Zahlen trügen

So wie am Donnerstagabend: Sachlich und mit viel Expertise legte die Runde dar, wie gefährlich dieser Präsident wirklich ist. Noch wächst die US-Wirtschaft zwar, die Arbeitslosigkeit ist niedrig und die Börse jagt von einem Rekord zum nächsten. Doch die Gefahr lauert – in Fernost.

China und USA beim Handel einig

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    „China ist das einzige Land, das derzeit eine Geostrategie hat“, sagte Noch-Außenminister Sigmar Gabriel (SPD), der den Termin bei Maybrit Illner schon als Termin auf Abschiedstournee nutzte. Auch ZDF heute-journal-Moderator Claus Kleber sieht Peking auf dem Vormarsch: „Und das in einem Tempo, das schneller ist als uns lieb sein kann“.

    China: der Dragon im Raum

    Denn: Wo Trump auf Protektionismus und lasche Umweltstandards setzt, geht China vor. „Sie sind der Dragon im Raum“, sagte der Aufsichtsrat der Ford-Werke, Bernhard Mattes, halb bewundernd, halb schaudernd. „China ist Vorreiter bei der Energiewende, sie bauen emissionsfreie Städte, Trump ist das Gegenteil“, stimmte die Publizistin Anke Domscheit-Berg zu.

    Schritt für Schritt bauten die Chinesen ihren globalen Einfluss aus, während der US-Präsident alles der Innenpolitik unterordne. „Auf jedem Flecken der Welt begegnen einem die Chinesen, vor zehn Jahren waren das noch die Amerikaner“, sagte Claus Kleber. Ein Land steige zur möglichen führenden Weltmacht auf, das Menschenrechte, Demokratie und Pluralismus ablehne – damit sei auch die liberale Tradition des Westens am Ende.

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      Gabriel will die US-Amerikaner nicht aufgeben

      Auch Außenminister Gabriel blickte mit Sorge auf die Entwicklungen in Washington, aufgeben wollte er die US-Amerikaner aber nicht. Mut mache ihm vor allem die Demographie. „In einigen Jahren wird die Bevölkerung der USA mehrheitlich keine europäischen Wurzeln mehr haben“, sagte er. Das Land werde bunter, vielfältiger. „Und diese Generation wird nicht so sein, wie das Amerika vor und mit Trump“, so der SPD-Politiker.

      Interessant war auch der Blick, den die beiden US-Bürger in Illners Runde auf ihr Land hatten. Der Journalist Erik Kirschbaum lästerte über das Bildungsniveau seiner Landsleute. „Sie sind nicht so gut informiert wie die Menschen in Deutschland“, sagte er. Und: „Gerade mal ein Drittel der Amerikaner weiß, was die Nato ist“. Viele Amerikaner, so der Reporter, lebten in einer Blase – befeuert durch Sender wie „Fox News“, die eine stramm rechte Agenda verfolgen. Dafür lobte Kirschbaum die öffentlich-rechtlichen Medien in Deutschland – das kommt beim ZDF immer gut an.

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        Auch die Deutschen glauben Fake-News

        Doch das Phänomen Trump mit vermeintlich dummen Amerikanern zu erklären, wäre zu kurz gegriffen. Claus Kleber verwies darauf, dass auch 42 Prozent der Deutschen der Ansicht seien, dass „Fakten vor allem Ansichtssache sind“. Eine mögliche Interpretation lieferte Außenminister Gabriel: „Diejenigen, die jetzt nichts mehr glauben, haben Lebenserfahrung“, sagte er. Die Eliten in Politik und Wirtschaft hätten jahrelang gepredigt: Die Globalisierung schaffe Jobs, Arbeits- und Finanzmärkte müssten nur liberalisiert werden, damit es allen gut gehe. „Das hat sich als falsch herausgestellt“, so der SPD-Mann.

        Was die Runde aber viel mehr besorgte: Trump kann wüten und toben, so viel er will – in den USA hat er eine feste Wählerbasis, die ihm zujubelt. „Diese Menschen lieben seinen Reichtum, seine direkte Art. Und wenn ein Vorhaben scheitert, ist es die Schuld des Kongresses oder der liberalen Medien“, analysierte US-Reporter Kirschbaum. Es könne also gut sein, dass die Amerikaner Donald Trump eine zweite Amtszeit im Weißen Haus ermöglichen.

        Der Präsident werde dann weiter seine Agenda verfolgen: Protektionismus nach außen, entfesselte Finanzmärkte im Inneren. In Peking wird man sich freuen.