Cannes. Ufa-Chef Hofmann spricht über die Qualität deutscher TV-Serien. Und erklärt, warum kein Sender eine Serie über den jungen Hitler will.

Gegen Ende der TV-Messe Mipcom in Cannes sitzt Nico Hofmann auf der Terrasse des Hotels JW Marriott an der berühmten Croisette. Der Chef der größten deutschen Produktionsfirma Ufa („Unsere Mütter, unsere Väter“, „Deutschland 83“, „Der Medicus“) hat Hunger und bestellt sich deshalb erst einmal einen Salat Caprese. Ansonsten ist er bester Dinge. „Wir haben dieses Jahr eine richtig gute Messe“, sagt er.

Herr Hofmann, was macht für Sie eine richtig gute Messe aus?

Nico Hofmann: Der deutsche Markt hat sich völlig neu positioniert, nach Hoch-Zeiten der skandinavischen Produktionen sind jetzt deutsche Produktionen extrem gefragt. Natürlich hat diese positive Entwicklung auch sehr viel mit „Babylon Berlin“ zu tun. Das Interesse an Ufa-Produktionen ist ebenfalls sehr groß. Das macht sich besonders bei „Deutschland 86“ bemerkbar …

… der zweiten Staffel der Ost-West-Serie „Deutschland 83“…

Hofmann: … die wir gerade in Südafrika und Berlin produzieren. Wir haben in den letzten drei, vier Jahre einige Meilensteine gesetzt, was zur Folge hatte, dass das Ausland einen anderen Blick auf deutsche Produktionen hat.

Wieso drehen Sie „Deutschland 86“, eine Serie, in der es im Kern um das deutsch-deutsche Verhältnis geht, in Südafrika?

Hofmann: Wir haben die Geschichte weitergesponnen. Die DDR hat in den 80er-Jahren die ihr damals ideologisch nahestehenden Regimes in Angola und Mosambik unterstützt. Dorthin verschlägt es dann auch den Held der Serie, den jungen NVA-Soldaten Martin Rauch. Diese Episode haben wir in Südafrika gedreht, alle weiteren entstehen in Berlin.

Sie produzieren „Deutschland 86“ zusammen mit Amazon. Wann wird die Serie dort zu sehen sein?

Hofmann: Im Herbst 2018. Wenn wir im kommenden Jahr wieder hier sitzen, ist die erste Folge wahrscheinlich bereits gelaufen – zuerst in Deutschland bei Amazon. Kurz darauf wird „Deutschland 86“ weltweit auf den unterschiedlichsten Kanälen zu sehen sein. Wir erleben, dass Journalisten auf Pressereisen zu Drehorten der Serie aus mehreren Ländern kommen.

Ist nach „Deutschland 86“ noch eine weitere Staffel geplant?

Hofmann: Ja, wir bereiten „Deutschland 89“ bereits vor. Wir werden „Deutschland 86“ und „Deutschland 89“ zeitlich eng getaktet hintereinander drehen. Das ist mittlerweile so üblich. Von „Babylon Berlin“ wurden ja auch gleich zwei Staffeln produziert.

Vor fünf Jahren haben Sie eine Serie über das Leben des jungen Adolf Hitler angekündigt. Von der hat man lange nichts mehr gehört.

Hofmann: Die Hälfte der Finanzierung für diese Serie steht. Ausländische Partner sind sehr interessiert. Was mir nicht gelingt – und ich habe wirklich alles probiert –, ist, einen deutschen Sender von diesem Programm zu überzeugen. Ich stoße dabei nicht auf qualitative Bedenken. Die Bücher sind außergewöhnlich gut. Ich stoße vielmehr auf politische Vorbehalte – sogar bei den Öffentlich-Rechtlichen. Ich bin da mit meinem Latein allmählich am Ende.

Das Projekt ist also tot.

Hofmann: Nein, das ist es nicht. Dafür haben wir schon zu viel investiert. Wir geben nicht auf. Wenn Sie sich die aktuellen politischen Entwicklungen anschauen, werden sich die Sender irgendwann diesem Thema stellen müssen. Ich unternehme gerade einen weiteren Vorstoß. Allerdings werden wir dieses Projekt allein mit ausländischen Partnern nicht stemmen können. Dafür benötigen wir zwingend einen deutschen Sender.

Wie erklären Sie sich die Vorbehalte der Sender?

Hofmann: Bei so einem Stoff dürfen Sie sich nichts Halbherziges leisten. Die Serie muss qualitativ absolut überzeugen. Dass wir so etwas können, haben wir oft genug bewiesen. Aber natürlich ist es ein sehr sensibles Thema.