Hamburg. Michel Guillaume ist Deutschlands erfahrenster TV-Kommissar. Nach 25 Jahren verlässt er die „Soko München“ – und ist nicht traurig.

Nein, ein Typ für Gefühlsduseleien ist er nicht. Dass er nach 25 Jahren die ZDF-Serie „Soko München“ verlässt, ist für Michel Guillaume (50) kein Grund, sentimental zu werden. „Das Ding ist für mich durch“, sagt er im Gespräch mit dieser Redaktion. Am kommenden Montag (18 Uhr) ist er ein letztes Mal in der Rolle des Ermittlers Theo Renner zu sehen. Nach rund 480 Fällen verabschiedet sich damit Deutschlands erfahrenster TV-Kommissar.

Seit 1978 lockt die Serie allwöchentlich Millionen Zuschauer vor den Fernseher – zunächst als „Soko 5113“, seit 2016 unter dem Titel „Soko München“. Im Oktober 1992 hatte der damals 25-jährige Michel Guillaume seinen ersten Drehtag. Und das, obwohl er nur wenige Monate zuvor einen schweren Unfall hatte.

Mit einem Kumpel verunglückte Guillaume beim Wandern, stürzte 45 Meter tief. Vier Wochen lag er im Koma, sechs Monate im Krankenhaus. Er verlor eine Niere, seine Milz und hatte einen Trümmerbruch im Sprunggelenk. „Die Ärzte haben gesagt, ich könnte froh sein, jemals wieder laufen zu können“, erzählt Guillaume. Pünktlich zum Drehbeginn war er da – auf Krücken, aber überzeugend.

Die Arbeit an einer Serie ist wie in einer Fabrik

Aus zunächst drei geplanten Folgen wurde ein Vierteljahrhundert. Eigentlich ein Segen für jeden Schauspieler. Warum also der Ausstieg? „Ich will jetzt nur noch das tun, was mir Spaß macht“, sagt der gebürtige Münchner. Schauspielerei sei zwar immer noch toll, doch das Geschäft habe sich verändert, meint Guillaume. Besonders bei Serien.

„Man arbeitet da in einer Fabrik, das muss einem klar sein. Da ist ein riesiger Wirtschaftsbetrieb, der Gewinne erzielen möchte.“ Während der Dreharbeiten war er sieben Tage in der Woche eingespannt. „Von Montag bis Freitag drehst du und am Wochenende lernst du den Text für die nächste Woche.“ 25 Jahre „Schinderei“ seien genug. „Ich bin zweimal geschieden – das kommt ja auch nicht von ungefähr. Ein normales Sozialleben gibt es nicht.“ Seine dritte Ehe soll nicht an der „Soko“ scheitern.

Schauspielerei als Beruf? Guillaume rät ab

Und auch sein Sohn freue sich, endlich mehr Zeit mit dem Vater zu verbringen. Doch Schauspieler soll der Zwölfjährige nach Möglichkeit nicht werden: „Ich kann niemandem empfehlen, diesen Job zu machen. Das Geschäft ist knallhart geworden – das kann junge Menschen zerstören.“ Mit dem schönen Schein der Branche kann Guillaume nichts anfangen.

Auch das ein Grund, warum er trotz seiner jahrzehntelangen Hauptrolle nicht zum TV-Adel gehört. Quizshows, rote Teppiche, Galas – das alles meidet er. „Ich repariere lieber bei einem Kumpel den Dachstuhl, als bei einer Filmparty rumzustehen und Blödsinn zu erzählen“, sagt der gelernte Zimmermann.

Handwerk, das ist es, was auch das Filmgeschäft für Michel Guillaume ist. Im besten Fall. Und deshalb wird er auch weiter als Schauspieler zu sehen sein – im Theater und im Fernsehen. Aber vor allem will er mehr als Regisseur arbeiten. Vier Folgen der „Soko München“ unter seiner Leitung sind bereits abgedreht. Vielleicht klappt es dann auch noch mit dem großen Traum: „Ein ‚Tatort‘ wäre großartig.“