Berlin. Bei Frank Plasberg ging es um das Problem des Wohnungsmangels in den Städten. Bei der Lösung gingen die Meinungen weit auseinander.

„Einsatz in 4 Wänden“ war mal eine Sendung mit Tine Wittler, bei der die Moderatorin Menschen besuchte und ihre Zimmer renovierte, manchmal auch die ganze Wohnung. Die Bewohner durften Wünsche äußern, letztendlich entschied jedoch Wittler, wo das Lametta hinkam. Während der Umbauarbeiten wohnten die temporär Wohnungslosen im sogenannten „Tinemobil“.

Hatte das Ableben der Sendung 2013 die Katastrophe der Wohnungsknappheit nicht schon deutlich genug gemacht? Die Menschen wollen nicht mehr zusehen, wie andere ihre Innenräume neu einrichten. Sie wollen ein Dach über dem Kopf, und das in einem fairen und geregelten Mietverhältnis. Nun tagte auch der „Hart aber Fair“-Krisenstab bei Frank Plasberg zum Thema: „Wenn Wohnen unbezahlbar wird – was muss die nächste Regierung tun?“

Luft, Nahrung, Wohnung

Drei Grundbedürfnisse habe der Mensch, fasst es der Redakteur der „Süddeutschen Zeitung“, Gerhard Matzig, zusammen: „Luft zum Atmen, Nahrung zum Essen, einen sicheren Ort zum Wohnen.“ Der studierte Architekt nennt sie auch Grundrechte und kritisiert, dass vielen Menschen das Recht auf Wohnraum abgesprochen werde.

Deshalb ist Wohnungsbau die zu jeder Gelegenheit geäußerte Forderung von Klaus-Peter Hesse, dem Geschäftsführer des Immobilienverbands ZIA. „Wir als Immobilienwirtschaft wollen unserer Verantwortung gerecht werden schnell Wohnraums schaffen. Nur bauen hilft.“

Immer mehr bauen – ist das die Lösung?

Hesse trat mit seinem immensen Stimmvolumen und seiner Größe ganz arbeitgeberpräsidial auf und legte sich vor allem mit Caren Lay von der Linken an, die sich gegen den falschen Wohnungsbau wehrt: „Sie versuchen die ganze Frage nach der Wohnungsnot damit zu klären, dass nicht genug gebaut wird. Es wird so viel gebaut wie nie zuvor. Nur zehn Prozent der Neubauten sind überhaupt bezahlbar für mittlere Einkommen.“

Für die große Gruppe der mittleren Einkommen stand der Familienvater Thomas Hafner, der seit fünf Jahren in Frankfurt am Main keine größere Wohnung für seine Familie findet. Ein Foto vom Zimmer der Tochter, die neben dem Kanarienvogelkäfig eingeklemmt spielt, illustrierte die kabuffige Misere.

Hunderttausende finden keinen Wohnraum

Aber wie mehr Wohnraum schaffen, wenn doch die Grünen immer irgendwo eine Raupe oder einen seltenen Hamster entdecken, wie sich Alexander Graf Lambsdorff (FDP) eher freundlich erregte.

Das Problem ist klar. Es herrscht Ausnahmezustand auf dem Wohnungsmarkt. Hunderttausende Menschen finden keinen Wohnraum, Studenten wohnen im ersten Semester auf der Wiese vor der Uni oder in der Turnhalle, alte Menschen werden nach 40 Jahren aus ihrer Wohnung geklagt, nur die krassesten Fälle finden überhaupt ihren Weg in die Öffentlichkeit.

Bestechungskuverts sollen keine Seltenheit sein

Vor den freien Wohnungen in Berlin, Hamburg, München und in den Städten in NRW stehen bis zu 800 Interessenten Schlange. Und die Vermieter können walten wie die Fürsten und sich stets die solventesten Vermieter herauspicken. Bestechungskuverts sollen keine Seltenheit sein. Wohnungsnot betrifft dabei nicht nur die Einkommensschwächsten.

Doch über die Zuständigkeit und die Instrumente zur Lösung herrscht Uneinigkeit – in der Politik, in der Immobilienwirtschaft wie auch in der Runde bei „Hart aber fair“. Matzig findet, dass nicht nur der Staat versagt hat, zum Beispiel mit Einführung einer wirkungslosen Mietpreisbremse, sondern auch der Markt. Die Nachfrage nach kleineren, einfachen Wohnungen für junge Menschen und Familien sei riesig. Wieso bediene diese Nachfrage niemand, kritisierte der dreifache Familienvater.

„Und die Innenstädte veröden komplett“

Stattdessen Highclass-Dachterrassen für Oligarchen aus Russland und Menschen aus Dubai, die in den Wohnungen am Englischen Garten in München gar nicht lebten. „Und die Innenstädte veröden komplett“, so Matzig.

Heterogenität in den Innenstädten – verschiedene Kulturen und Schichten, kulturelle Orte, Bars, Spielplätze – das finden alle Gäste von Frank Plasberg gut. Und dass die Mietpreisbremse so nicht funktioniert, auch da ist man sich einig. Nur wie weiter?

Es besser machen als die Große Koalition

Der FDP-Politiker Lambsdorff hofft, dass man sich mit den Grünen in hoffentlich baldiger Regierungsverantwortung wird abstimmen können über sinnvolle Pläne für mehr Wohnungsbau für die unteren und mittleren Einkommensschichten. Vielleicht mit der einen oder anderen Raupe weniger, wenn es nach ihm geht.

Zunächst heißt das Credo nicht nur in Sachen Behebung der Wohnungsnot für die baldigen Koalitionäre: Es besser machen als die Große Koalition.

Und hier geht’s zur Sendung in der ARD-Mediathek.