Berlin. Hannes Jaenicke hatte die Idee für einen interessanten Film. In seiner Rolle in „Nicht mit uns! Der Silikonskandal“ übertreibt er aber.

Ein Mädchen steht auf dem Schulhof, umringt von Mitschülerinnen, die ihr das Füllmaterial aus dem BH ziehen. Die Taschentücher fliegen mit dem Wind davon, begleitet von hämischem Gelächter der Schulkameraden. Zurück bleibt: ein zutiefst gedemütigter Teenager. Es ist eine starke Szene, mit der der Spielfilm „Nicht mit uns! Der Silikonskandal“ beginnt.

Jenny Hottrops Erinnerung sollen klarmachen, warum sie über jeden Zweifel erhaben ist. Wer so behandelt wurde, weil der Busen angeblich nicht die passende Größe hat, der darf zu Implantaten greifen: So wirbt der Film um Verständnis bei einem Thema, das mit vielen Vorurteilen behaftet ist.

Inspiriert von der wahren Begebenheit um Billig-Silikon

Jenny (Susanne Bormann) kämpft, Jahre nach der Schulzeit, vor Gericht um Entschädigung für mangelhafte Silikonimplantate. An ihrer Seite zwei Leidensgenossinnen: Micki (Stephanie Krogmann) braucht die große Oberweite für ihren Job als Pornodarstellerin und Konstanze (Muriel Baumeister) hat Panik, ihren Freund zu verlieren, weil er ihren natürlichen Busen nicht attraktiv genug finden könnte. Drei von der Implantate-Firma betrogene Frauen, die gerade von ihrem Rechtsanwalt im Stich gelassen wurden. Was ihnen fehlt, ist ein Retter in der Not, der ihnen zu Geld und Recht verhilft.

Der Schauspieler Hannes Jaenicke hatte die Idee zum Film. Zur Erinnerung: 2010 wurde bekannt, dass der französische Hersteller PIP für seine Brustimplantate Billig-Silikon verwendete, das zwar für Baustellen, nicht aber für medizinische Zwecke zugelassen war. Seitdem versuchen Betroffene in Deutschland vergeblich, eine angemessene Entschädigung oder Schmerzensgeld zu bekommen. Empörend, sagt Jaenicke. Die Geschichte um die drei fiktiven, betroffenen Frauen entwickelte er mit Regisseur und Autor Holger Haase. Er selbst übernahm die Rolle des Retters.

Zu viel Zeit für Altherrenwitze

Als halbseidener und am laufenden Band sexistische Sprüche machender Rechtsanwalt Axel Schwenn ist er zwar nicht auf den ersten Blick der Richtige als Rächer der Frauen, aber das ist natürlich Absicht. Es soll den Spaß in den Film bringen, der als Dramedy angelegt ist, also als komisches Drama oder eine dramatische Komödie. Und dann geht es auch noch um Busen! Wenn das keine Einladung zu lustigen Scherzen ist.

Bei allen ehrenwerten Absichten: Mit diesen Altherrenwitzen wird zu viel Zeit verbracht. Und Obersexist Schwenn, der im Ernst noch Wetten abschließt, wer die Pornodarstellerin zuerst ins Bett kriegt, wird schon als Sympathieträger inszeniert, bevor er begreift, dass seine Sprüche nicht lustig sind. Auch dass die kämpferische Polizistin Hottrop erzählt, wie froh sie nach ihrer Brust-OP war, als ihr endlich Männer hinterhergepfiffen haben, ist nicht gerade fortschrittlich. Anders als die Aussage, für die der Anwalt sogar ernst wird: Egal, warum sich eine Frau den Busen machen lässt, sie hat einen Anspruch darauf, medizinisch korrekt behandelt zu werden. So.

• Fazit: Wichtiges Thema, engagierte Geschichte. Aber zu viel Macho-Klamauk.

• Dienstag, 17. Oktober, 20.15 Uhr auf Sat.1