Berlin. Bei „Hart aber fair“ ging es um die Folgen der Wahl. Richtig spannend wurde es, als sich die Gäste gegen ihren Gastgeber verbündeten.

Die Union mit starken Verlusten, die SPD nach einem Desaster wohl in der Opposition, die AfD als drittstärkste Kraft im Parlament: Die Bundestagswahl verändert die politische Landschaft in Deutschland nachhaltig. Statt einer großen Koalition läuft es jetzt wohl auf ein schwarz-gelb-grünes Bündnis hinaus.

Für fast alle Parteien bedeutet die Entwicklung einen Umbruch. Wie werden sie mit der neuen Situation umgehen? Und was bedeutet diese vor allem für Union und SPD? Diese Fragen stellte am Montagabend Frank Plasberg bei „Hart aber fair“.

Merkel und die AfD

Ein bestimmendes Thema der Diskussion war die Rolle der Kanzlerin. Hat Angela Merkel die AfD bedingt? Ja, sagte der frühere ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender zu dieser populären These unter Kritikern der Kanzlerin. Merkel habe mit Hilfe der großen Koalition jede inhaltliche Debatte unterbunden, befand Brender. „Das hat zu einer Krise geführt, deren Ergebnis ist, dass die Alternative jetzt im Parlament ist – leider eine Alternative jenseits der Verfassung.“

Ähnlich argumentierte auch der Politikwissenschaftler Werner Patzelt. Merkel habe die Flüchtlingskrise unterschätzt, die Kritik daran ignoriert und hinterher auch noch behauptet, alles richtig gemacht zu haben. „Das hat die Leute furchtbar empört und das Vertrauen in sie, gerade in den neuen Bundesländern, zur Erosion gebracht“, sagte Patzelt, dem von Kritikern vorgeworfen wurde, ein „Pegida-Versteher“ zu sein.

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    Unterstützung erhielt Merkel von Robert Habeck. „Wir sollten nicht auf eine ernste Frage die einfachste und dümmste Antwort geben: Dass Merkel Schuld ist“, sagte der grüne Minister aus Schleswig-Holstein. Letztlich hätten sich schon vor der Flüchtlingskrise viele Menschen nicht mehr gehört gefühlt und diesem Gefühl nun Ausdruck verliehen.

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    Mit Blick auf die nun wahrscheinlichste Koalitionsoption waren sich alle einig, dass eine solche Regierungsbildung schwierig wird. „Das wird die Quadratur des Kreises“, sagte Habeck, der das Kunststück in seinem Bundesland sogar hingekriegt hat. Ähnlich sah das Alexander Lambsdorff von der FDP: Am Ende müsse eine Übereinkunft auch vor den Parteimitgliedern bestehen.

    Dorothee Bär merkte man an, dass sie Gespräche mit der SPD vorziehen würde. „Ich finde es schade, dass die SPD das ausgeschlossen hat“, sagte die CSU-Politikerin. Die Sozialdemokratin Katarina Barley verteidigte die Entscheidung: „Die Menschen würden uns für völlig verrückt halten, wenn wir das nicht gemacht hätten“, sagte die SPD-Familienministerin.

    Drei gegen Plasberg

    Irgendwann verbündeten sich die Gäste gegen Gastgeber Frank Plasberg.
    Irgendwann verbündeten sich die Gäste gegen Gastgeber Frank Plasberg. © WDR/Klaus Görgen

    Richtig interessant wurde die Diskussion am Schluss, als sich alle versammelten Politiker verbündeten, um die Rolle der Medien im Zusammenhang mit dem Erstarken der AfD zu kritisieren. „Zwei von vier wöchentlichen Talksendungen beschäftigen sich mit dem Themenkomplex Flüchtlinge, AfD und Islam“, warf Barley ihrem Gastgeber entgegen. „Ich hatte das Gefühl: Ich mach’ den Fernseher an und es gibt nichts anderes.“

    Unterstützung erhielt sie von Bär. „Kollegen von Ihnen sagen mir, dass sie immer einen AfD-Politiker einladen, weil das mehr Quote bringt. Und dass sie auf einen Skandal hoffen“, ergänzte die CSU-Politikerin. „Ich bitte darum, nicht immer nur die Quote im Hinterkopf zu haben.“

    Plasberg war von so offen formulierten und durchaus angebrachten Vorwürfen sichtlich überrumpelt – und wählte die Flucht nach vorne. Sendungen etwa über Bildung oder Digitalisierung hätten einfach unterdurchschnittliche Quoten, rechtfertigte Plasberg seine Zunft. „Die Themen der AfD sind offensichtlich Themen für viele Wähler.“

    „Der Quotenhinweis ist verräterisch, es geht um jeden Rülpser der AfD“, sagte dazu der Grüne Habeck. „Sie sind Verstärker der Provokationen und Teil der Umfragen“, hielt er seinem Gastgeber vor.

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      Das Fazit

      Zum eigentlichen Thema hielt diese Ausgabe von „Hart aber fair“ viele Standpunkte bereit, die schon am Wahlabend formuliert worden waren. Richtig spannend wurde es daher erst, als zum Ausklang die Rolle der Medien thematisiert wurde.

      Allerdings muss man dem gescholtenen Plasberg zugutehalten, dass die Talkshows nur ein Beispiel für die nicht unberechtigte Medienschelte sind. Das Dilemma – in welchem Ausmaß berichtet man über gezielte Provokationen der AfD? – betrifft im Prinzip alle. Daher war es durchaus zielführend, dass sich die in der Sendung formulierte Kritik vor allem gegen das Wie der Berichterstattung richtete. „Man hätte die AfD auch zu anderen Themen befragen können: Wie steht ihr zur Rente?“, sagte Barley zum Schluss.

      Zur Ausgabe von „Hart aber fair“ in der ARD-Mediathek