„Ein Mann, eine Wahl“: Klaas ist leider nur Stichwortgeber
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Von Fabian Hartmann
Berlin. Auch die zweite Ausgabe von „Ein Mann, eine Wahl“ enttäuscht die Erwartungen. Starke Momente hatte die ProSieben-Politikshow aber.
Es gibt Fragen, die man eigentlich nicht stellen muss. Natürlich ist der Kapitalismus für eine Linken-Politikerin an allem Schuld: Armut, Umweltzerstörung, Rassismus. Aber weil die Menschen das einfach nicht verstehen, wählen sie Parteien, die das System tragen – und eben nicht die Linke.
Willkommen in der Welt von Katja Kipping. Die Parteivorsitzende der Linken schafft es in wenigen Sätzen, ihr schlichtes Weltbild einem Massenpublikum zu präsentieren. Und sich selbst zu demontieren. Das lag aber gewiss nicht an den messerscharfen Fragen, mit denen sich die Politikerin am Montagabend konfrontiert sah. Denn auch in der zweiten Ausgabe der ProSieben- Politikshow „Ein Mann, eine Wahl“ wuchs Moderator Klaas Heufer-Umlauf selten über die Rolle des braven Stichwortgebers hinaus.
Heufer-Umlauf serviert die Vorlagen
Das ist schade, denn hier wurde eine Chance vertan. Das junge Publikum, das mit dieser Form der politischen Berichterstattung erreicht werden sollte, bekam viel Altbekanntes zu hören. Jens Spahn etwa, der dem konservativen Flügel der CDU angehört, dozierte, dass man natürlich kein Abitur brauche, um in Deutschland Karriere zu machen. Ungleichheit sei für ihn in Ordnung, wenn derjenige, der mehr leistet, auch mehr verdient. Wer will da widersprechen?
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Auch Justizminister Heiko Maas (SPD) durfte sich dafür feiern, dem Hass im Netz den Kampf angesagt zu haben. Heufer-Umlauf servierte dem Minister eine Vorlage, als er etwa fragte, ob die Plakate der AfD nicht klar rassistisch seien. Maas begann mit der Meinungsfreiheit, die viel toleriere, um am Ende doch bei der Gesellschaft zu landen, die Rechtspopulismus nicht unwidersprochen hinnehmen dürfe.
Immer die gleichen Fragen
Heufer-Umlauf ist natürlich kein Journalist und bei ProSieben steht Unterhaltung im Zweifel vor Information. Nur so lässt sich das Konzept erklären, in dem Klaas sich dreiteilte und den Politikern mal als Konservativer (rauchend, im schwarzen Pulli), mal als Linker (natürlich rot gekleidet) und als irgendwo in der Mitte Stehender gegenüber trat. Dumm nur: Die Fragen waren irgendwie immer die gleichen.
Auch die Treffen mit Promis, in der ersten Folge mit Musiker Bela B., in der Zweiten mit Fußballspieler Toni Kroos von Real Madrid, lieferten wenig Erhellendes. Immerhin: Kroos verriet, dass Bundeskanzlerin Merkel sich für Fußball interessiere und man mit ihr „ganz normal“ reden könne. Damit wäre das auch geklärt.
Schärferer Ton nur bei Alice Weidel
Leider wirkte das ganze Konzept der Sendung zu fahrig, oft zu bemüht, um wirklich zu überzeugen. Dabei blitzte in der zweiten Ausgabe kurz auf, welches Potential in „Ein Mann, eine Wahl“ steckte. Dann nämlich, als Heufer-Umlauf auf AfD-Spitzenkandidatin Alice Weidel traf. Ihr saß der vermeintlich liberale Klaas (im grauen Pulli) gegenüber, doch Heufer-Umlauf vergaß schnell seine eigene Rolle. Mit einem deutlich schärferen, ja fast zornigen Ton fragte er Weidel, wie sie zum Begriff „völkisch“ stehe, den Parteichefin Frauke Petry gerne wieder positiv besetzen möchte.
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Und zur Überraschung der Zuschauer versuchte Weidel nicht, sich herauszureden, den Medien die Schuld zu geben oder dem politischen Gegner: „Ich glaube nicht, dass man das Wort positiv aufladen kann und man sollte es auch nicht“, sagte sie.
Als Klaas hinter der Bühnenfigur hervortritt
Als sie doch auf den Vorwurf zu sprechen kam, dass sie versuchen könnte, sich herauszureden, funkte Heufer-Umlauf sofort dazwischen: „Das habe ich doch gar nicht gesagt“, blaffte er zurück. Hier trat der Mensch mit klarer Haltung hinter der Bühnenfigur hervor – der mit Abstand stärkste Moment der Sendung.
Leider war der Rest vor allem eines: Durchschnitt mit viel Klamauk. Ganz zum Schluss saß der Moderator allein in der vor einer Party zerstörten WG, die als Setting diente, und nahm ein Video für sich selbst auf. Darin machte er deutlich, dass es bei der Bundestagswahl um viel ginge. Sein Schlusswort: „Verkackt’s nicht“. Das zumindest ist Pro Sieben nicht gelungen.