Berlin. CDU-Mann Jens Spahn zündelte beim „Hart aber fair“ im Talk. Dass er den Linken-Chef Bartsch duzte, sorgte für einen peinlichen Moment.

Jens Spahn hat es schwer. Bestellt er in der „Parallelgesellschaft“ der nur Englisch sprechenden Großstadt-Hipster in Berlin einen Kaffee auf Deutsch, versteht ihn niemand. Aber noch eine andere Sorge plagt den CDU-Staatssekretär: Er bekomme keinen Kredit mehr von seiner Bank, gestand er bei „Hart aber Fair“ am Montagabend in der ARD.

Die Sendung drehte sich um den schnöden Mammon. Schließlich ist wenige Tage vor der Bundestagswahl zumindest eines sicher: Geld ist für alle ein zentrales Thema. Und auch wenn die deutsche Wirtschaft brummt und der Staat schwarze Zahlen schreibt, bleiben etliche Fragen virulent – von Steuersenkungen über zu deckelnde Mieten bis hin Rente und der Entlastung von Familien.

Das Problem mit dem Kredit

In das Zentrum der als „Bürgercheck“ ausgewiesenen Sendung hatte Moderator Frank Plasberg darum einen repräsentativen Mittelschicht-Vertreter gesetzt, den Entertainer und Familienvater Alexander Tappert. Er würde gerne ein Haus kaufen für sich, seine Frau und die drei Kinder. Geld zurücklegen könne die Familie aber kaum, einen Kredit bekämen er und seine Frau als Freiberufler ohnehin nicht.

Wie also komme man wieder etwas leichter an einen Kredit, wenn man als Bürger aus dem Mittelstand, gar als Selbstständiger, in Deutschland ein Eigenheim kaufen will, fragte Plasberg seine Gäste.

„Wir wollen keine Neiddebatten“

Doch während die stellvertretende SPD-Parteivorsitzende Manuela Schwesig, der Linken-Fraktionsvorsitzende Dietmar Bartsch und der FDP-Bundesvorsitzende Christian Lindner mit erwartbaren Stichworten wie Mietpreisbremse, Baukindergeld, Sozialwohnungen und Freibetrag bei der Grunderwerbssteuer antworteten, holte Spahn zu einer neuen kontroversen Höchstleistung aus.

Schon zu der Frage, ob Kapitalerträge höher besteuert werden sollten, hatte der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesfinanzminister gewarnt: Alle versuchten, Steuern zu senken – aber die CDU wolle nicht einige mehr besteuern, um bei den geringer Verdienenden Steuern zu senken. „Wir wollen keine Neiddebatten“, so Spahns Begründung.

Absage vom Bankberater

Vielleicht wollte der Finanzpolitiker auch beim Thema Eigenheim-Kredit „Neiddebatten“ vermeiden, als er auf Alexander Tapperts Dilemma einging. „Mein Bankberater hat mir auch gesagt, sie haben nur Vier-Jahres-Verträge, sie kriegen nichts mehr“, sagte Spahn. Das sei kein schlechter Witz, sondern wirklich so passiert.

Ansonsten gab sich der gelernte Bankkaufmann beim Thema günstiges Wohnen gewohnt konservativ. Deutschland brauche eher keine Mietpreisbremse, sondern müsse das Mangelangebot an Wohnraum angehen. Für den ersehnten Kredit fürs Eigenheim brauche es Baukindergeld.

Kritik in den sozialen Medien

In den sozialen Medien grollte es da schon. Kein Kredit für Jens Spahn – das wurde mit etlichen empörten bis hämischen Reaktionen bedacht.

Ein Nutzer kommentierte Spahns Geständnis mit dem Vorschlag, man solle doch bitte mal sammeln für Jens Spahns Häuschen! „Ich gebe auch was dazu - vielleicht...“

Der Düsseldorfer SPD-Stadtrat Philipp Tacer twitterte: „Nach Minijob-Zitat legt #Spahn nach: Heute verhöhnt er Leute mit befristetem Job und sieht sich als Mitglied des Bundestages in derselben Lage.

Profilierung für die Nach-Merkel-Ära

Dass Spahn, der in der Union die von Angela Merkel enttäuschten konservativen CDU-Anhänger abholt, solche Reaktionen vorhergesehen hatte, ist anzunehmen. Auch bei Reizthemen wie Islam und Einwanderung scheut sich der 37-Jährige schließlich nicht vor scharfkantigen Standpunkten – und profiliert sich so für die Zukunft ab spätestens 2021, wenn die Ära Merkel endet.

Interessant waren an diesem Talk letztlich weniger die geballt auf den Zuschauer einprasselnden komplexen Fragestellungen, sondern eher die sich zwischen den Gästen entfaltenden Dynamiken.

Als Spahn den Linken-Chef duzte

So griff auch Linken-Chef Dietmar Bartsch das Kredit-Thema kurze Zeit später für eine Attacke wieder auf. „Wenn der Herr Staatssekretär schon bei der Sparkasse so behandelt wird, darf er wenigstens hier reden“, so Bartsch, als der gewohnt streitlustige Spahn ihn unterbrechen wollte. Der CDU-Mann aber konterte: „Den kannst du aber eigentlich besser.“ Das wiederum veranlasste Moderator Plasberg nachzuhaken: „Duzen Sie sich?“ Für einen Moment hielt Spahn da inne, dann winkte er, mit einem Ausdruck von Scham, ab.

Offene Sympathie zeigte Spahn hingegen für den Liberalen-Chef Lindner, dessen Partei hohe Chancen auf eine Koalition mit der Union nachgesagt werden. Darum hatte das Plasberg-Team eine extra Kamera nur auf diese beiden Politiker fokussiert und präsentierte die aufgenommenen Momente am Ende der Sendung als „Harmonietest“.

Die Szenen sollte sich jeder selbst ansehen. Hier soll nur so viel verraten werden: Am Ende verwahrte sich Lindner dagegen, über Koalitionswünsche mit der CDU oder anderen zu sprechen. „Wir sind eine eigenständige Partei.“ Koalitionsaussagen vor der Wahl gebe er keine.

Sehen Sie hier die Sendung in der ARD-Mediathek