Berlin. Christiane Paul ist nach dem Emmy-Gewinn so gut im Geschäft wie noch nie. Bei allem Erfolg bleibt die 43-Jährige jedoch bodenständig.

Wie sie ihr Mobiltelefon hervorzieht, um mal eben einen Youtube-Clip zu zeigen – dieses Jugendlich-Schnelle, dieses Hemdsärmelige: Christiane Paul verweigert sich konsequent dem, was man so landläufig „Starsein“ nennt. Die Berliner Schauspielerin ist locker, trägt daheim Jeans, ein The-Who-Shirt, und wenn man sie auf den größten Fernsehpreis der Welt, den Emmy, anspricht, sagt sie: „Der steht in der Küche.“ Es sei letztlich kein Versprechen, sondern eine Auszeichnung für ihre Arbeit, aber eben keine Garantie, dass ab jetzt ihr Leben toller werde. „Jetzt wollen wir erst einmal sehen, wie alles weitergeht.“

Dann erzählt sie von den vielen Projekten, die sie danach miteinander koordinieren muss. Da ist ein Tatort mit Axel Milberg, ein Actionthriller mit Wotan Wilke Möhring, da war vergangenes Jahr die Serie „Paranoid“, und demnächst tritt sie in einer Folge von „Counterpart“ auf. Da ist eine US-Serie gedreht unter anderem von Alik Sakharov, der schon an Folgen von „Sopranos“, „House of Cards“ und „Game of Thrones“ arbeitete. Außerdem hat sie die Hauptrolle in einem der großen Projekte des Senders Sky, die im kommenden Jahr ins Fernsehen kommen. Laut Serientitel hat sie noch „Acht Tage“ Zeit, um ihre Familie zu retten.

Christiane Paul hat jetzt die Chance, noch mehr international zu arbeiten

Für Christiane Paul ist diese neue Vielfalt angenehm, aber sie bleibt auf dem Boden. „Das bedeutet ja nicht, dass man plötzlich international Karriere macht.“ Aber natürlich findet sie es schon „toll, die Chance zu haben, noch mehr international zu arbeiten, andere, neue Erfahrungen zu machen“.

Auf der Straße werde sie deshalb noch lange nicht erkannt. Schade? Sie sagt lachend: „Gegen Ikonen-Status hätte ich bestimmt nichts einzuwenden.“ Zwischendurch macht sie trotzdem noch immer das, wofür sie letztlich den Emmy bekommen hat: anspruchsvolle Rollen im deutschen Fernsehfilm.

Zur Vorbereitung auf die Rolle hat sie zwei Wochen gekellnert

Mitte September hat ihr neuer Film „Nie mehr wie es war“ Premiere (18. September, ZDF, 20.15 Uhr). Darin zeigt Christiane Paul, wie es ausgehen kann, bei einer Lebenslüge ertappt zu werden. Ihr Mann (Fritz Karl) erfährt, dass ihr gemeinsamer Sohn nicht von ihm ist.

Zur Vorbereitung hat sich Christiane Paul mit dem Thema Kuckuckskinder beschäftigt, Studien gelesen, sich mit einer Freundin, die Psychiaterin ist, über das Entstehen und die Folgen einer solchen tiefgreifenden Lüge unterhalten – aber weil ihre Figur auch in einer Kneipe arbeitet, hat sie bei einer Bar in ihrer Umgebung gefragt, ob sie dort einige Zeit arbeiten darf.

Die studierte Ärztin machte für den Film ein Klinikpraktikum

„Zwei Wochen habe ich gekellnert“, sagt sie, „das war eine gute Erfahrung, um mich richtig in so einem Raum bewegen zu können.“ Ihre Figur soll schließlich überzeugend seit 15 Jahren eine Kneipe mit leiten.

Neulich war sie im Krankenhaus. Die studierte Ärztin wollte die Abläufe in der Chirurgie kennenlernen und machte ein Praktikum. Plötzlich stand sie noch einmal an dem Ort, den sie kannte, und merkte, wie viel Wissen sie wieder aktivieren konnte.

Die Entscheidung für die Schauspielerei bereut sie nicht

Der Arztberuf sei ein Teil von ihr. Aber die Entscheidung vor rund 13 Jahren für das Schauspielen hat sie nie bereut, auch wenn es mit echten Schmerzen verbunden ist. Am Knie hat sie noch eine Narbe vom Film „Die Himmelsleiter“.

Er spielt kurz nach Kriegsende, und es gibt eine Szene, als ihr totgeglaubter Ehemann aus dem Krieg heimkommt. Sie sei vor Schreck so oft in den Schotter auf die Knie gefallen, dass diese irgendwann blutig wurden. Doch trotz der kleinen Narben ist und bleibt der Beruf ihr großes Glück.