Berlin. Heute kann Gillian Anderson locker über ihre Arbeit in der Serie „Akte X“ sprechen, die sie an den Rand ihrer Kraft gebracht hatte.

Ein früher Morgen in Berlin – Gillian Anderson (49), die hier das Historiendrama „Der Stern von Indien“ (jetzt im Kino) vorstellt, wirkt hellwach – auch wenn sie das Gegenteil behauptet. Die Schauspielerin gehört zu denen, mit denen man weniger über die neue, sondern über die alte Rolle spricht. Es geht um die Rolle ihres Lebens – um Scully, die FBI-Agentin in „Akte X“, die sie zum Megastar machte.

Seltsam, Sie als britische Gouverneursgattin zu erleben.

Gillian Anderson: Finden Sie? Ich bin in London groß geworden und vor 15 Jahren wieder dorthin zurückgezogen. Nach dem Ende der Serie habe ich dort Theater gespielt und mir ein Haus gekauft. Eigentlich wollte ich zwischen den Kontinenten pendeln, aber dann habe ich mich verliebt, habe geheiratet, auch wenn das inzwischen wieder vorbei ist. Ich würde nirgendwo sonst leben wollen. Denn auch mit der Arbeit ist es hier besser.

Inwiefern?

Anderson: Hier haben die Leute eine unkonventionellere Herangehensweise. Sie stecken mich nicht in eine Schublade, was man ja auch bei „Der Stern von Indien“ sieht. Denn ich wollte und will beweisen, dass ich alles Mögliche spielen kann. Ich kann hier Filme machen, die ich respektiere. Und ich liebe es auch, auf der Bühne zu stehen, was hier einfacher als in Hollywood ist.

Die ursprüngliche Serie endete nach 202 Folgen im Jahr 2002. Was war das damals für ein Gefühl, als auf einmal Schluss war?

Anderson: Eigenartig. „Akte X“ war ein so großer Teil meines Lebens – über neun Jahre dauerte das. Es hat mich völlig aufgesogen. Ich hatte kaum Zeit, Freunde zu treffen oder meine Rechnungen zu bezahlen. Und deshalb wollte sich ein Teil von mir komplett abschotten. Ich wollte vergessen, dass ich sie gedreht hatte. Danach ging ich einfach nur auf Reisen, wollte kein Fernsehen machen. Das war so ein Überlebensinstinkt. Deshalb weigerte ich mich, über „Akte X“ zu sprechen. Ich war mir nicht sicher, ob ich je eine entspannte Haltung dazu bekommen würde. Aber nun habe ich die Distanz.

Was war so anstrengend?

Anderson: Es war eine so lange Zeit mit extrem harter Arbeit. Deshalb konnte ich das Ganze erst mal nicht so richtig würdigen. Wobei ich da auch selbst Fehler gemacht habe. Im Lauf der Zeit habe ich dann begriffen, was das für ein Segen war. Ich hatte einen festen Job, machte tolle berufliche Erfahrungen und konnte eine Figur spielen, die Fernsehgeschichte geschrieben hat.

Haben Sie damals Fehler gemacht?

Anderson: Ganz am Anfang war ich noch energiegeladen. Meine Tochter war noch klein, also konnte ich sie mitnehmen. Also entschloss ich mich, während meines Urlaubs zwischen den Drehzeiten auch noch Pressereisen zu machen. Wenn du drei Tage in Deutschland, dann drei Tage in Frankreich, drei Tage in Spanien hintereinander Termine absolvierst, dann bist du einfach nur platt.

Sie drehten jetzt noch mal eine Neuauflage von „Akte X“. Hatten Sie keine Angst, dass Sie da noch mal von diesem Wahnsinn aufgesogen werden?

Anderson: Es war überschaubar. Statt die Haare zu färben, nahm ich diesmal eine Perücke. Das sind ja nur drei Staffeln. Und inzwischen weiß ich, wie ich das alles geregelt bekomme. Ich habe die bewusste Entscheidung getroffen, mein Familienleben an oberste Stelle zu setzen. Ich mag keine langen Trennungen. Die Sehnsucht nach meinen Kindern ist einfach zu groß.

Ihre beiden Ehen wurden geschieden. Würden Sie’s noch mal versuchen wollen?

Anderson: Ausschließen kann man das nie. Hochzeiten können sehr schön sein. Aber ich bin jetzt glücklich, mein Leben fühlt sich gut an. Warum sollte ich daran etwas ändern?