Essen. In Norwegen ist die zehnteilige Krimiserie „Lifjord“ ein Hit. ARD One zeigt die clevere Mischung aus Krimi, Thriller und Familiendrama.

Der Armani-Anzug ist maßgeschneidert, auch die Frisur sitzt. Seine Frau ist eine strahlende Trophäe und macht sich hervorragend neben ihm auf den Bildern der letzten Preisverleihung: Aksel Borgen (Nicolai Cleve Broch), Geschäftsmann in Malaysia, hat es geschafft. Und doch hat er seine ferne Heimat, das norwegische Örtchen Lifjord, nicht vergessen. Als die Gemeinde vor dem wirtschaftlichen Ruin steht, ist er entschlossen zu helfen und kehrt nach 20 Jahren zurück.

Die norwegische Hit-Krimiserie „Lifjord“, die an diesem Mittwoch um 22.50 Uhr auf ARD One anläuft, greift Motive von Friedrich Dürrenmatts „Der Besuch der alten Dame“ auf. Denn auch hier kommt bald ein düsteres Geheimnis in Spiel: Einst wurde Borgen angeklagt, seine damalige Freundin Karine ermordet zu haben. Und obwohl ihn das Gericht nach einem langen Prozess schließlich freigesprochen hat, klebt der Verdacht auch Jahre später noch an ihm wie zäher Kaugummi. Alte Wunden sind nämlich längst noch nicht verheilt.

Fragwürdige Verbindungen aufgedeckt

Während sich Borgen mit großer Geste als Retter seines Heimatortes feiert, spielt die Serie von Anna Bache-Wiig und Siv Rajendram Eliassen von Beginn an clever mit den Nuancen zwischen Gut und Böse: Keine der Figuren, die man als Zuschauer kennenlernt, behält ihre sorgsam aufgebaute Fassade lange. Im Stil der Erfolgsserie „Top of the Lake“ werden auch in diesem „Nordic Noir“ nach und nach fragwürdige Verbindungen aufgedeckt. Alibis und Erinnerungen geraten ins Wanken und auf den ersten Blick eindeutige Charakterzüge entpuppen sich als ihr krasses Gegenteil.

Mit dieser Mischung aus Mystery und Thriller hatte „Lijford“ nicht nur in seinem Heimatland Erfolg. Während die Erstausstrahlung für den norwegischen Sender TV2 mit rund 40 Prozent Marktanteil zum Rekorderfolg wurde, verkauften die Macher „Lijford“ bereits in rund 130 Länder und legten anschließend mit einer zweiten Staffel nach.

Atmosphäre ist knapp über dem Gefrierpunkt

„Lifjord“ ist ein psychologisch anspruchsvolles Katz-und-Maus-Spiel, an dem vermutlich auch Dürrenmatt seine Freude gehabt hätte. Unterstützt wird die unheimliche Geschichte dabei von einer Atmosphäre, die stets knapp über dem Gefrierpunkt liegt.

Dabei inszeniert die Netflix-Koproduktion Norwegens eindrucksvolle Landschaft als düstere Unheilskulisse: sich auftürmende Berghänge, tief liegender Nebel, verregnete Tage – so wird „Lijford“ auch tonal zum eiskalten, schaurigen Antimärchen. Größer könnte der Kontrast zum Ausgangsort, der hypermodernen asiatischen Megacity, nicht sein.

Fazit: Cleveres Vergnügen zwischen Krimi, Thriller und Familiendrama in zehn Folgen, das mit allen Erwartungen bricht.

ARD One, Mittwoch, 2. August, 22.50 Uhr