Halle/Saale. Ein neuer Chef, und auch sonst ist vieles komisch: Die Ermittler in „Zorn“ rätseln über Fischregen und ein künstliches Hüftgelenk.

Der schleichende Wahnsinn in Halle an der Saale beginnt damit, dass eines Abends Fische in größeren Mengen vom Himmel fallen. Er setzt sich fort, als bei den Aufräumarbeiten ein künstliches Hüftgelenk ohne Besitzer gefunden wird. Und er ist noch lange nicht zu Ende, als im Zoo der Stadt ein Tierpfleger von einem ansonsten lammfrommen Elefanten zu Tode getrampelt wird. Welcher Zusammenhang besteht da nur?

Selbst die Polizei wähnt sich in einem Paralleluniversum. Dann muss Hauptkommissar Zorn (Stephan Luca) auch noch plötzlich „Chef“ zu seinem pausbäckigen Partner Schröder (Axel Ranisch) sagen, weil der ihn, höchst unfreiwillig, karrieremäßig inzwischen überholt hat.

Devid Striesow glänzt als abgehalfterter Ex-Popstar

„Zorn – Kalter Rauch“ ist die inzwischen fünfte Verfilmung der Romanserie von Stephan Ludwig, der stets selbst die Drehbücher verfasst und dem hier ein wunderbar schräges Szenario gelungen ist. Abseits herkömmlicher Krimikost wird man Zeuge von Dingen, die man gedanklich kaum auf die Reihe bekommt. Was aber auch nicht weiter schlimm ist, denn eigentlich geht es dem Regisseur Andreas Herzog und seinem Autor hier um die skurrilen Typen, die reihenweise auftauchen und deutliche Spuren hinterlassen.

Die Trägerin des verlorenen Hüftgelenks hat man zwar inzwischen ermittelt, doch sie bleibt vorerst verschwunden. Ihr Ehemann Gregor Zettel ist auch keine große Hilfe, denn er erweist sich als geistig verwirrter Ex-Popstar, dessen Vokabular nur noch aus ein paar Silben besteht. Devid Striesow hat vermutlich noch nie so wenig Text in einer Rolle gehabt, aber wie er dieses abgehalfterte One-Hit-Wonder im bunten Flauschpulli zele­briert, ist einfach hinreißend.

Leichen zählen wird schwierig

Sylvester Groth als Schrotthändler Adam Völx steht ihm da in nichts nach. Auch er ist auf der Suche nach Frau Zettel, nur benutzt er dabei strengere Methoden als die Polizisten. Wenn der versierte Psychopath mit sanfter Stimme vor Gregor seine Folterwerkzeuge erläutert, dann entlarvt sich Regisseur Herzog als gelehriger Schüler von Quentin Tarantino und der ­Coen-Brüder.

Inzwischen sollte man allmählich aufgehört haben, die Leichen zu zählen, man kommt da ohnehin kaum nach. Dafür sollte man sich auf den Hafen konzentrieren, wo es zwar keine Schiffe gibt (erschüttern kann einen eh nichts mehr), dafür aber interessante Container mit Öl-Radiatoren, hinter denen Zorn jedoch ganz andere Dinge vermutet. Schön, dass ein verrückter Spaß, ganz weit weg von üblichen Krimiritualen, schließlich noch ein halbwegs erklärbares Ende nimmt. Viel wichtiger sind in diesem Fall jedoch die kleinen Szenen am Rande. Wie jene, in der ein verzweifelter Zorn bei seinem Chef übernachtet und ihm kurz vor dem Einschlafen ein „Ich liebe dich, Schröder“ zuraunt. Bitte unbedingt mehr davon!

Fazit: Ein erfrischender Krimi mit viel schrägem Humor. Die Kamera sucht oft den weiten Raum und überrascht mit kinoreifen Bildern. Den kleinen Abzug gibt es dafür, dass der Regisseur sich ein wenig zu gern und ein wenig zu offensichtlich bei gewissen Vorbildern bedient.

K Donnerstag (1. Juni), ARD, 20.15 Uhr