Essen. Dominik Grafs „Am Abend aller Tage“ beginnt als Thriller und thematisiert dann den Umgang mit Kunst. Ein Film voller Leidenschaft.

In seinem Roman „Das Buch der Illusionen“ erzählt Paul Auster von dem verschollen geglaubten Schauspieler und Regisseur Hector Mann, der sich tatsächlich jedoch nach Mexiko zurückgezogen hat, um dort ganz in seiner Kunst aufzugehen. Er dreht dort weiter Filme, die er jedoch nie zugänglich macht und die unmittelbar nach seinem Tod auch zerstört werden sollen. An diesen Eigenbrötler muss man unwillkürlich denken, wenn man jetzt Dominik Grafs neuen Film „Am Abend aller Tage“ betrachtet.

Auch hier geht es um zwei Menschen, die sich dem Kunstbetrieb und seinen Aufblähungen verweigern. Und als Gegenpart dazu um einen Kunstsachverständigen, bei dem man lange nicht weiß, ob seine Gefühle wirklich echt sind.

Detektiv soll Raubkunst besorgen

Dieser Experte heißt Philipp Keyser (Friedrich Mücke) und erhält ein lukratives Angebot seitens einer greisen Gruppe von Frankfurtern mit viel Geld. Er soll ein unbekanntes Gemälde des (fiktiven) Expressionisten Ludwig Glaeden aufspüren und es um jeden Preis kaufen. An der „Berufung der Salomé“ klebe viel Leid, erklärt die Sprecherin der Gruppe (Hildegard Schmahl) und lässt keinen Zweifel daran, dass es sich hier um Raubkunst handelt.

Keyser macht sich auf nach München, wo sich das Bild im Besitz des als verschroben geltenden Sammlers Magnus Dutt (Ernst Jacobi) befinden soll. Der Detektiv scheitert zunächst, weil Dutt offenbar niemals daheim anzutreffen ist. Keyser versucht sein Glück nunmehr bei der Künstlerin Alma Kufferer (Victoria Sordo), einer Großnichte des Sammlers, die bei ihm aus und ein geht.

Leidenschaft in verschiedenen Varianten

Der Zuschauer reduziert den Filmemacher Dominik Graf gewöhnlich nur auf seine zahlreichen preisgekrönten Krimis, vergisst dabei aber, dass er mit Filmen wie „Das Gelübde“ oder „Die geliebten Schwestern“ auch ganz andere Genres erfolgreich bedient hat. In diesem Fall nun geht es um Leidenschaft in verschiedenen Varianten, durchsetzt aber immer auch mit einem gewissen „Thrill“. In Alma beispielsweise lernt Keyser eine Frau kennen, die Kunst nur für sich selbst erstellt, deren Arbeiten vorsätzlich dem Verfall anheimfallen.

Lieber geht sie in einer Wäscherei arbeiten, als dass sie ihre Werke in den Kunstbetrieb einspeisen würde. Für einen wie Keyser ist das schwer verständlich, trotzdem spürt man bei ihm Zuneigung zu dieser Frau, die anfangs doch nur Mittel zum Zweck war.

„Am Abend aller Tage“ ist vor allem ein Film über radikale Denkmuster: Wo Alma aus einer ungewissen Angst heraus nur flüchtige Kunst produziert, da fühlt sich ihr Großonkel als so etwas wie ein Bewahrer.

Kunst vor Gier der Erben schützen

Wie der wunderbare Ernst Jacobi in einem langen Monolog schließlich mit sanfter Stimme die Lebensphilosophie des Sammlers Dutt erläutert, möchte man sich eigentlich schützend vor ihn stellen. Hier will einer die Kunst vor der Gier der Erben, vor den Käufern und Millionären schützen. Dass der Film inspiriert ist vom Schicksal des realen Kunstliebhabers Cornelius Gurlitt, das hat man inzwischen lange schon begriffen.

Fazit: Ein Film, der als Thriller beginnt, danach aber den Umgang mit Kunst thematisiert. Dominik Graf in Hochform: Nach Betrachtung dieses ungewöhnlichen Werkes glaubt man am Ende selbst, dass Gemälde leben.

ARD, Mittwoch, 31.Mai um 20.15 Uhr