„Sherlock“ is back – Warum die vierte Staffel die beste ist
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Von Bastian Angenendt
Berlin. Drei Jahre nach Ende der dritten Staffel ist „Sherlock“ zurück im deutschen TV. Wir schreiben, warum sich das lange Warten gelohnt hat.
Als „Sherlock“-Fan hat man es nicht leicht. Zwar ist es – nach den Maßstäben der hochgelobten BBC-Serie – noch gar nicht so lange her, dass sich Benedict Cumberbatch als Sherlock Holmes und Martin Freeman als Dr. John Watson mit der „Braut des Grauens“ herumschlagen mussten. Die einzelne Sonderfolge wurde Anfang 2016 ausgestrahlt. Seit dem Ende der letzten kompletten Staffel sind allerdings schon drei Jahre ins Land gegangen.
Nun (ab 4. Juni) kommen drei neue Fälle des Kult-Detektivs ins deutsche Fernsehen. Wir haben sie uns vorab angeschaut und können berichten: Das Warten hat sich gelohnt.
Und wir haben nicht viel verpasst: Seit dem Ende der dritten Staffel sind nur ein paar Wochen vergangen. Zur Erinnerung: Sherlock hatte in der letzten Folge („Sein letzter Schwur“) den manipulativen Medienmogul Charles Augustus Magnussen erschossen. Daraufhin wurde er von seinem Bruder Mycroft Holmes (Mark Gatiss) auf ein Himmelfahrtskommando Richtung Osteuropa geschickt – und direkt wieder zurückbeordert, als auf einmal eine Videobotschaft des totgeglaubten Superbösewichts Moriarty auftauchte.
Über diese Botschaft zermarterte sich Sherlock in der gesamten Sonderfolge „Die Braut des Grauens“ den Kopf. Schließlich spielte sich der Fall, bei dem Sherlock und Watson im viktorianischen London ermittelten, nur im Kopf des Meisterdetektivs ab – als Kopfkino in Sherlocks „Gedächtnispalast“.
So sind Mycroft und die Regierung zu Beginn der neuen Staffel damit bemüht, Sherlocks Schuss in Magnussens Kopf zu vertuschen. Nebenbei versucht Sherlock, mit John und dessen Frau Mary (Amanda Abbington) das neue Privatleben zu meistern. Schließlich haben die Watsons gerade ihr Baby bekommen.
Alles so, wie es eigentlich immer zum Staffelstart bei „Sherlock“ aussieht – ein humoriger Auftakt. Schließlich ist Sherlock bei menschlichen Dingen wie einer Patenschaft für das Watson-Baby schön unbeholfen, und die süffisante Beiläufigkeit, mit der er die kleinen Fälle von Inspector Lestrade (Rupert Graves) löst, ist auch für den ein oder anderen Schmunzler gut.
Figuren kommen an ihre Grenzen
Letztlich braucht auch noch Mycroft die Hilfe seines Bruders – und wird herrlich arrogant auf den Klienten-Stuhl in der Baker Street 211b beordert. Es ist einer der letzten Lacher der ganzen Staffel.
Denn die folgenden Fälle bringen alle Beteiligten gleich an mehrere Grenzen. Die Einbruchsserie in „Die sechs Thatchers“ spült dunkle Geheimnisse aus Marys Vergangenheit als Killerin an die Oberfläche. Der überaus überzeugend gespielte und mutmaßlich mordlustige Widerling Culverton Smith (Toby Jones) bringt Sherlock in „Der lügende Detektiv“ an den Rand des Drogentods. Und in „Das letzte Problem“ wird noch mal so ziemlich jede als sicher geglaubte Wahrheit aus Sherlocks Leben komplett auf links gedreht, als ein dunkles Familiengeheimnis aus dem Hause Holmes ans Licht kommt.
Besonders das Staffel-Finale hat es in sich. Die Holmes-Brüder bekommen es mit einer Gegenspielerin zu tun, deren Gehirn noch genialer zu funktionieren scheint als die ihren. Außerdem hatte das psychotische Superhirn Eurus (Sian Brooke) Kontakt zu James Moriarty (Andrew Scott), der Sherlock und Co. also auch zwei Staffeln nach seinem Selbstmord noch nicht in Ruhe lässt.
Nichts für harmoniebedürftige Serien-Fans
Die neuen Folgen lehren uns mehr über die Figuren, während die Figuren mehr über sich lernen. Ihre Wahrheiten werden ins Wanken gebracht, ihre Beziehungen zueinander infrage gestellt – nicht zuletzt, weil erstmals in der Serie auch eine zentrale Figur das Leben verliert (und ausnahmsweise keine Wiederauferstehung feiert). Und als wäre das zu beobachten angesichts des glänzenden Ensembles nicht schon spannend genug, wird alles durch klug inszenierte Rätsel und bedrohlichen Gegenspieler noch auf die Spitze getrieben.
Dem Autoren- und Produzenten-Duo Mark Gatiss und Steven Moffat ist es in der vierten Staffel gelungen, eine tiefer gehende Dramatik in die Serie einfließen zu lassen, ohne die latent witzige DNA der Serie komplett umzuschreiben. Das Ergebnis ist sicher nichts für allzu harmoniebedürftige Serien-Fans, aber unterm Strich die beste Staffel der „Sherlock“-Reihe.
• Dann laufen die neuen „Sherlock“-Folgen in der ARD:
Sonntag, 4. Juni, 21.45 Uhr: „Die sechs Thatchers“