Ein Mix aus Drogenhandel und Kinderschicksal: Im ZDF-Krimi „Das verlorene Mädchen“ fahndet Kommissarin Helen Dorn nach einem Dealer.

Kaum hat der Film begonnen, schon gibt es die erste Tote. Kommissarin Helen Dorn hatte noch versucht, das Kind per Herzmassage zurück ins Leben zu holen – keine Chance. „Das verlorene Mädchen“, so der Titel der Reihe, stirbt an einer Überdosis Chrystal Meth. Und wer Dorn kennt, weiß: Sie kriegt die Täter im Alleingang. Auch wenn es sich dabei um eine Gang Albaner und eine Reihe lokaler Dealer handelt.

Helen Dorn (Anna Loos, r) will Hannah (Mina Liann Banaschewski) unbedingt helfen und fragt sie um Hilfe.
Helen Dorn (Anna Loos, r) will Hannah (Mina Liann Banaschewski) unbedingt helfen und fragt sie um Hilfe. © dpa | Willi Weber

Realistisch ist das nicht, aber darauf kommt es bei TV-Krimis nicht in erster Linie an. Der Krimi muss zünden, und er zündet. Was vor allem an der Titelheldin der Düsseldorfer Krimireihe liegt. Anna Loos spielt diese Rächerin der Schwachen mit einer harten Kühle. Eher wortkarg diese Frau; aber sobald sie auf ignorante Mitermittler stößt, schimpft sie wie ein Bierkutscher. „Heul doch“, ist noch das Freundlichste, was sie den Bossen vom BKA an den Kopf wirft.

Angriff auf die Truppe

Nicht gerade neu, dieser ständige Kampf zwischen Ermittlern vor Ort und denen des Landes- oder Bundeskriminalamtes. Gefühlt tauchen in jedem zweiten Krimi die Besserwisser der übergeordneten Behörde auf, die als aufgeblasene Paragrafenreiter immer dieselben Rollen spielen. Aber Loos wirkt so überzeugend bei ihrem Angriff auf die Truppe, dass man dieses Klischee verschmerzen kann.

Dorn ist trotz aller Gossensprache eine Frau der leisen Töne, der es ohne sich anzubiedern gelingt, Vertrauen zu den Opfern aufzunehmen. Hier sind es junge Mädchen, die in einem Kinderheim leben und nur eins wollen: raus. Bei ihrer Flucht geraten sie in die Fänge der Drogendealer. Dorns Blick ist mehr der einer Sozialarbeiterin als einer Polizistin, die nur Recht und Ordnung exerzieren will. Dorn weiß, dass es Lebenssituationen gibt, in denen Menschen die Sicherungen durchbrennen. Dass alles zu allem führen kann. Ein bisschen Sozialkitsch, aber nicht nur.

Ambiente einer Jugendkultur

Helmut Kurtz (Hary Prinz, l.) ist seit dem Tod von Milas (Tara Fischer, r.) Eltern ihr Vormund. Die monatlichen Zahlungen erhält sie aber nur, wenn sie ihm dafür eine grausame Gegenleistung erbringt.
Helmut Kurtz (Hary Prinz, l.) ist seit dem Tod von Milas (Tara Fischer, r.) Eltern ihr Vormund. Die monatlichen Zahlungen erhält sie aber nur, wenn sie ihm dafür eine grausame Gegenleistung erbringt. © ZDF und Willi Weber | Willi Weber

Der Krimi hat das, was Krimifans brauchen: Verrat, Verfolgung und viel Gefühl. Gut, die Actionszenen wirken in deutschen Krimis immer ein bisschen gezwungen, aber die Razzien in den Clubs sind durchaus dynamisch und werfen einen nüchternen Blick in das Ambiente einer Jugendkultur, bei der einem angst und bange wird.

Aber auch die stillen Momente gleiten nicht in Langeweile ab. Im Gegenteil. Die Szene mit Dorn und der Ehefrau eines getöteten Anwalts, die von Aglaia Szyszkowitz eiskalt verkörpert wird, strotzt vor Kraft dieser beiden Schauspielerinnen. Und wenn Dorn ihren Vater besucht, entwickelt sich eine böse innere Spannung.

Clinch mit dem BKA

Der Vater, gespielt vom großartigen Ernst Stötzner, ist ein grantelnder Greis, der nicht ganz unklug über die Vergänglichkeit sinniert, statt seiner Tochter einfach mal zuzuhören: „Alt werden ist wie Strafe für das, was du nicht getan hast“, dann greift er zum Bier und löst weiter Kreuzworträtsel. „Naturkatastrophe mit sieben Buchstaben?“ – „Familie“, sagt die Dorn.

Fazit: Klassisch aufgebauter Krimi, routiniert im guten Sinne. Die coole und doch so einfühlsame Hauptdarstellerin tröstet über den wenig originellen Clinch mit dem BKA hinweg.

Samstag, 8. April, ZDF, 20.15 Uhr