Berlin. „Fast wie ein Ritterturnier“ – Schriftstellerin Thea Dorn ist die Neue im „Literarischen Quartett“. Sie ersetzt damit Maxim Biller.

Sie ist die Neue im „Literarischen Quartett“: Thea Dorn (46) ersetzt den Schriftsteller Maxim Biller, der sich aus dem Kritikerensemble verabschiedet hat. Gemeinsam mit Volker Weidermann und Christine Westermann wird sie jetzt über neue Bücher reden. Thea Dorn, die als Christiane Scherer in Offenbach geboren wurde, ist Schriftstellerin und Fernsehmoderatorin. In Anlehnung an den berühmten Philosophen Theodor W. Adorno gab sie sich den Künstlernamen.

Frau Dorn, was reizt Sie an der Sendung?

Dorn: Vier Bücher und vier Menschen, die mit all ihrer Leidenschaft und ihrem Witz für diese Bücher streiten, sonst nichts. Keine Einspieler, kein anderer Fernsehschnickschnack, herrlich! Das hat fast etwas von einem Ritterturnier.

Haben Sie das „Literarische Quartett“ schon immer verfolgt?

Dorn: Nicht regelmäßig. Abgesehen von amerikanischen, israelischen, britischen, französischen, dänischen oder österreichischen Serien schaue ich insgesamt wenig bis gar kein Fernsehen.

Maxim Biller ist durch seine teilweise harsche Kritik an Neuerscheinungen aufgefallen. Wollen Sie diesbezüglich in seine Fußstapfen treten?

Dorn: Ich schätze Maxim Biller sehr, seine unerschrockene Lust an der Konfrontation, seine Intelligenz und seine Begabung, Dinge zuzuspitzen. Im letzten Jahr, als ich beim „Literarischen Quartett“ Gast gewesen bin, habe ich es sehr genossen, die Klinge mit ihm zu kreuzen. Dennoch verfügen wir beide über höchst unterschiedliche Temperamente.

Welche Rolle wollen Sie in der Runde spielen?

Volker Weidermann, Christine Westermann und Thea Dorn.
Volker Weidermann, Christine Westermann und Thea Dorn. © dpa | Maurizio Gambarini

Dorn: Ich glaube nicht, dass es in dieser Sendung darum gehen kann, eine Rolle zu spielen. Im Gegenteil: Die Sendung lebt davon, dass alle vier Mitstreiter möglichst unverstellt auftreten. Im „Literarischen Quartett“ wird also dieselbe Thea Dorn sitzen, die sonst auf öffentlichen Podien sitzt: begeisterungsfähig und wenn’s sein muss auch mal streng, aber immer darum bemüht, fair und genau zu argumentieren.

Sie haben reichlich Erfahrung mit der Moderation von Literatursendungen, sind aber auch Schriftstellerin, Sie kennen also beide Seiten. Auf welcher fühlen Sie sich wohler?

Dorn: Auch wenn ich mich jetzt wieder ins Fernsehen begebe: Ich bin und bleibe Schriftstellerin. Schreiben ist mein eigentlicher Beruf, mein Weg, mich mit mir und der Welt auseinanderzusetzen. Wenn ich eine Weile nicht an den Schreibtisch komme, werde ich erst unruhig, dann schwermütig. In früheren Zeiten oder in anderen Ländern wie Frankreich und den USA war oder ist es allerdings selbstverständlich, dass Schriftsteller auch öffentlich über die Bücher von Kollegen reden. So gesehen verstehe ich mich eher in dieser Tradition, als dass ich Anspruch darauf erheben würde, „Kritikerin“ zu sein.

Was für eine Art von Literatur mögen Sie als Leserin?

Dorn: Ich liebe Werke, die einen echten Glutkern besitzen – bei denen ich spüre, dass der Autor um etwas gerungen hat. Werke, die mich dazu bringen, die Welt mit anderen Augen zu sehen, oder aber Werke, die mich so in ihren Bann ziehen, dass ich alles um mich herum vergesse. Was das Genre angeht, bin ich nicht festgelegt: Ein Thriller wie „Das Schweigen der Lämmer“ ist nicht minder große Literatur als Eichendorff-Gedichte spannend sind.

Welches sind die drei, vier Bücher, die Sie in Ihrem Leben immer mal wieder gelesen haben?

Dorn: Homers „Ilias“, Goethes „Faust“, Flauberts „Madame Bovary“, Kafkas „Die Verwandlung“. Alle vier Werke sind mir in meiner Kindheit oder Jugend zum ersten Mal begegnet, alle vier entdecke ich immer wieder aufs Neue.