Hamburg. „Kommissar Dupin – Bretonischer Stolz“: In der 4. Folge des ARD-Donnerstagskrimis sucht der Ermittler nach einer angeblichen Leiche.

Ein Toter liegt im Straßengraben. Oder doch nicht? Gerade war die Leiche noch da, Sophie Bandol ist sich sicher. Doch die in die Jahre gekommene Schauspielerin (stark besetzt mit Theaterstar Angela Winkler) wirkt etwas versponnen. Wer weiß, ob sie sich den Fund nicht nur eingebildet hat? Georges Dupin weiß es. Ein schottischer Tourist ist verschwunden, da ermittelt der Kommissar (Pasquale Aleardi) auch ohne Leiche.

Wenig später gibt es noch einen Toten – auch er Schotte. Was hat der knurrige Austernzüchter Kolenc (Joachim Bißmeier) damit zu tun? Und was der unglückliche Delsard (Holger Handtke)? Ging es um Eifersucht, um kriminelle Austerngeschäfte – oder um etwas ganz anderes?

Ein Schweizer mit Migrationshintergrund spielt in einem deutschen Film einen Franzosen: so weit, so europäisch. Und so typisch fürs deutsche Fernsehen. Kommissar Dupin ist auch in seinem vierten Fall, „Bretonischer Stolz“, nur eine von vielen TV-Figuren, die die Sehnsucht der Deutschen nach einem besseren Ort gleichzeitig anfüttern und befriedigen.

Frage nach Ausmaß des Kitsches

In den Donnerstagskrimis der ARD sind diese Orte ebenso zu finden wie in Sonntagabendschmonzetten des ZDF. Inga Lindström lässt schöner von Schweden träumen als die oft düsteren skandinavischen Eigenproduktionen. Rosamunde Pilcher lockt Freunde eines Bilderbuch-Cornwalls, und in der Bretagne ist nun gleich ein ganz neues Geschäftsfeld entstanden: der Kommissar-Dupin-Tourismus.

Man pilgert dorthin, wo Bestsellerautor Jean-Luc Bannalec (bekanntermaßen das Pseudonym eines Deutschen) Dupin ermitteln lässt. Dass gemordet wird, hat ja auch die Fans von Commissario Brunetti nie von ihrer Venedig-Liebe abgebracht. Der Preis dafür, dass die Gegend ihren Charme trotz der Morde behält, ist Kitsch. Ohne geht es nicht. Es kommt nur auf das Ausmaß an.

Ein romantisierendes Bild der Bretagne

Im Film (Regie: Thomas Roth) sollen Anreden wie „Monsieur le Commissaire“ und andere französische Einsprengsel Musik in frankophilen Ohren sein – das lässt aber nicht vergessen, dass dies nur gespielte Franzosen sind. Und zwar natürlich solche, die vor allem Champagner und Foie gras zu sich nehmen, wie Dupins plötzlich auftauchende Freundin (Janina Rudenska). Dazu könnten die Häuserzeilen am Hafen nicht malerischer sein und die keltischen Symbole nicht mystischer.

Schon beim Einstieg zeichnet dieser vierte Dupin-Fall mit einem Volksfest am Hafen sein romantisierendes Bretagne-Bild. Zum Glück wird es schnell gebrochen: Ein Mann attackiert einen anderen, weil der mit der falschen Frau tanzt. Schnöde Eifersucht! Dass der Kommissar es nicht übertreibt mit seiner Lässigkeit, hilft ebenfalls, den Kitsch zu bändigen und den Fall im Mittelpunkt zu halten.

Außerdem interessant: die junge Frau, die Dupins ostfriesisch anmutenden Assistenten Kadeg (Jan Georg Schütte) in die Kunst des Baggerfahrens einweist. Die Rolle bleibt namenlos, die Schauspielerin ist Sara Fazilat. Seit Anfang Februar ist dies nun schon der dritte Donnerstagskrimi, in dem sie auftaucht, und für jeden war sie mit ihrem punktgenauen Humor ein Gewinn.

„Kommissar Dupin – Bretonischer Stolz“, Do., 2. März, 20.15 Uhr, Das Erste