Berlin. Früher war John Kornblum US-Botschafter. Bei Anne Will ärgerte er sich ganz undiplomatisch über die deutsche Wahrnehmung von Trump.

Man kommt dieser Tage kaum um Donald Trump herum. Selbst die Münchner Sicherheitskonferenz stand ganz im Zeichen des neuen US-Präsidenten – obwohl er gar nicht da war. Wie werden sich die USA außen- und sicherheitspolitisch unter Trump verhalten? Diese Frage dominierte das Treffen am Wochenende. Sonst drängende Themen wie das Verhalten von Russland und transnationaler Terrorismus rückten dabei in den Hintergrund.

Zwar versicherte Trumps Vize Mike Pence, dass man fest zu Europa und der Nato stehe. So richtig wirksam war dieser Balsam gegen die allgemeine, von Trump ausgelöste Verunsicherung aber nicht. „Sind Trumps USA noch ein verlässlicher Partner?“, fragte am Sonntagabend folgerichtig Anne Will in der ARD.

• Der herablassende Diplomat

John Kornblum hielt das Thema der Sendung ganz offensichtlich für verfehlt. „Die Welt ist schon öfter für beendet erklärt worden, es gibt viele Hiobsbotschaften“, ärgerte sich der frühere US-Botschafter in Deutschland über die Reaktionen auf Donald Trump. Dabei sei doch völlig klar, dass das Ende nicht bevorstehe. „Das ist alles schon passiert“, verharmloste Kornblum das Auftreten des US-Präsidenten. Die Wahrnehmung von Trump hierzulande sei „typisch deutsch“ und von falschen Emotionen geprägt, befand Kornblum.

Schlüssig war dieser Standpunkt nicht, vertreten kann man ihn aber schon. Grenzwertig war allerdings, wie herablassend Kornblum auftrat. „Schh, schhh, schhh, es wäre nett, wenn ich aussprechen dürfte, ohne dass die Kleinen auf der anderen Seite unterbrechen“, sagte Kornblum vor allem mit Blick auf den ihm gegenübersitzenden „Zeit“-Journalisten Bernd Ulrich, dem er indirekt Anti-Amerikanismus vorwarf.

• „Will Trump die Demokratie abschaffen?“

Erstaunlich dreist für einen früheren Diplomaten. Den Ärger Kornblums hatte sich Ulrich mit durchaus treffenden Analysen zur Situation in den USA und zur Außenpolitik der Amerikaner eingehandelt. Als Kornblum den Europäern vorwarf, sich im Dauerschlaf zu befinden, fuhr Ulrich beispielsweise entschieden dazwischen. „Das ist wirklich eine Frechheit: Die USA haben den Nahen Osten zerbombt, wir nehmen die Flüchtlinge auf und Sie sagen uns: Sie schlafen“, ärgerte sich der Journalist. Dabei sei es doch gerade das konzeptlose Vorgehen der Amerikaner gewesen, das letztlich ins Chaos geführt habe. Dadurch sei der Führungsanspruch der USA in der Nato verwirkt.

Auch für Donald Trump fand Ulrich deutliche Worte. „Die größte Gefahr für die Demokratie sitzt im Weißen Haus. Man weiß nicht, ob er die Demokratie abschaffen will oder sie aus Versehen abschafft.“

• Wagenknecht gegen Altmaier

Einen ähnlichen Standpunkt vertrat Sahra Wagenknecht. Anders als Ulrich leitete sie daraus aber radikale Forderungen ab: Weniger Verteidigungsausgaben, eine stärkere Annäherung an Russland, eine schwächere Nato und ein eigenständigeres Vorgehen der EU – so sieht die ideale Außenpolitik der Europäer für die Chefin der Linken-Fraktion aus.

Damit forderte Wagenknecht so ziemlich das Gegenteil von dem, was sich Peter Altmaier vorstellt. Bei aller Sorge äußerte sich der Kanzleramtschef doch sehr moderat gegenüber der Trump-Regierung. Die Forderungen der USA nach mehr Verteidigungsausgaben in Europa konnte er etwa gut nachvollziehen.

• Das Fazit

Insgesamt war es durchaus erhellend, dieser Runde zu zusehen. Die Kernfrage nach der Verlässlichkeit wurde allerdings trotz hartnäckiger Nachfragen der Gastgeberin kaum beantwortet – nicht einmal vom Politikpraktiker Altmaier.

Das mag daran liegen, dass noch immer niemand so recht weiß, was Trump außenpolitisch will. „Das habe weder ich noch irgendjemand sonst verstanden“, sagte der frühere deutsche Botschafter in den USA, Klaus Scharioth. Es scheine aber so, als ob hinter den Kulissen gerade ein Kampf zwischen radikalen Kräften um den Chefberater Stephen Bannon und moderateren Stimmen wie dem Verteidigungsminister Jim Mattis ausgefochten würde. „Es wird darauf angekommen, für welche Seite sich Trump entscheidet.“ Eine plausible Analyse, die aber nur bedingt Mut: Dass ausgerechnet Donald Trump diese fundamentale Richtungsentscheidung treffen wird, ist beängstigend.

Zur Ausgabe von „Anne Will“ in der ARD-Mediathek