Essen. Es ist der 19. Fall für Mariele Millowitsch als „Marie Brand“. Diesmal ermittelt sie im Schulsumpf aus Leistungsdruck und Mobbing.

Ob reich, ob arm, das Schulleben ist für jeden hart. Finn Haberland (Timon Ballenberger) lebt mit seinem Vater (Stephan Schad) in einem gläsernen Design-Haus, in dem es alles gibt, nur keine Herzenswärme. Denn der Anwalt ist nicht überzeugt von den Leistungen seines Sohnes. „Ich vertrete morgen die Schule beim Leichtathletikwettbewerb“, versucht Finn ihn für sich zu gewinnen, „ganz NRW schickt da die Besten hin.“ „Zählt das fürs Abi?“, ist alles, was dem alten Herrn dazu einfällt.

Schnitt zu Finns Mitschüler Justus Renski (Sven Gielnik), Vater arbeitslos, Mutter Putzfrau, der in seinem Zimmer genauso isoliert, genauso verzweifelt ist. Ein Moment der Poesie in dem ansonsten nüchtern erzählten Krimi „Marie Brand und das ewige Wettrennen“.

Der 19. Fall für Millowitsch

Es ist der 19. Fall mit Mariele Millowitsch in der Titelrolle der Kölner Kommissarin. Die spröde Ermittlerin und ihr zu Scherzen aufgelegter Kollege Jürgen Simmel (Hinnerk Schönemann) haben es diesmal mit einer Gewalttat in der Reihenhaussiedlung zu tun. Ein Zeitungsbote wurde mutwillig mit dem Auto umgefahren, doch schnell wird klar, dass der Anschlag der joggenden Mathelehrerin Lena Böhmer (Victoria Mayer) galt. Die ist engagiert und beliebt – aber nicht bei jedem.

Weil sie benachteiligte Schüler fördert, fühlen andere sich ungerecht behandelt. Anwalt Haberland führt bereits einen Feldzug gegen die Pädagogin. Die Tatwaffe Auto allerdings gehört dem alkoholkranken Vater eines anderen Schülers, Justus. Jener Justus wiederum ist Tuschelthema auf den Schulfluren: Er soll eine Affäre mit seiner Lehrerin haben.

Brand und Simmel wühlen sich durch einen Wust aus Cyber-Mobbing und Leistungsdruck. Das Gymnasium mit seiner funktionalen 70er-Jahre-Architektur erscheint als ein Ort, in dem zwar Formeln gepaukt werden, aber die Charakterschulung auf der Strecke bleibt. Die Schüler sind durchweg eine kaltschnäuzige und rempelnde Meute. Den Auswüchsen setzt der Direktor nur aalglatte Phrasen vom „partnerschaftlichen Umgang beim Lösen von Konflikten“ entgegen.

Krimi ohne Firlefanz

Regisseur Michael Zens inszeniert den Fall zurückgenommen, ohne Firlefanz anderer Krimis aus Gewaltexzessen, Spezialeffekten, Flüchen und exzentrischen Nebenfiguren. Nur einmal wagt er den Ausbruch aus der konventionellen Erzählweise, als Justus nämlich in einer albtraumhaften Sequenz von WhatsApp-Nachrichten verfolgt wird.

Dazu passt das vorsichtige Spiel von Mariele Millowitsch. Während bei anderen TV-Kommissaren die Star-Aura oftmals die Rolle überstrahlt, nimmt man ihr den Job ab. Schrullen und Nebenhandlungen, die ihr Privatleben beleuchten, braucht es bei ihr nicht. Leider wirkt die Schulproblematik oft abgedroschen. „Mit manchen Leuten sollte man es sich nicht verscherzen, sonst ist man ganz schnell aus der Clique draußen“, klagt etwa eine Schülerin. Und die Reichen sind – natürlich – Kotzbrocken.

Fazit: Aktuelles Thema, leise Spannung, konzen­triertes Spiel.

ZDF, Mittwoch, 25. Januar, um 20.15 Uhr