Berlin. Eigentlich haben sie feste Partner – doch mit einer Affäre soll Abwechslung in ihren Alltag kommen. Ein Film über die Tücken der Liebe.

Ein Mann und eine Frau in einer überfüllten Straßenbahn. Ihre Blicke treffen sich, sie lächeln sich an. Die Frau steigt aus, sie will schwimmen gehen. Der Mann folgt ihr. Nach weiteren Blicken im Schwimmbad lieben sie sich leidenschaftlich am Rande eines Bolzplatzes. Zwei Fremde haben miteinander Sex. Danach fahren sie noch ein bisschen mit der Straßenbahn. Er steigt aus, sie haben keine Telefonnummern ausgetauscht, sie wissen nicht einmal den Namen des anderen.

Es ist eine der ältesten Geschichten der Welt, die Andreas Kleinerts Film „Sag mir nichts“ erzählt. Die Liebe bricht mit Urgewalt in den Alltag zweier Menschen ein und bringt alles durcheinander. Denn Lena (Ursina Lardi) und Martin (Ronald Zehrfeld) leben beide in festen Beziehungen – oder besser gesagt: Sie stecken ein wenig darin fest.

Die kleinen Lügen im Alltag

Lena, eine freiberufliche Fotografin, ist mit dem Arbeiter Bodo (Roeland Wiesnekker) zusammen und hat mit ihm eine Tochter. Der Journalist Martin hat eine etwas dominante Freundin namens Solveig (Sarah Hostettler) mit vermögenden Eltern und dringendem Kinderwunsch. Das ist die Ausgangslage. Dann passiert die Sache nach dem Schwimmen.

Martin und Lena wollen sich wiedersehen. Sie versuchen deshalb, sich genau eine Woche später an derselben Stelle wieder zu treffen. Der Versuch geht schief, aber der Film protokolliert präzise die kleinen Lügen auf dem Weg dahin – Lena, die Ausflüchte erfindet, warum sie am Mittwoch dringend abends noch einmal weg muss. Und Martin, der seiner Freundin erzählt, er wolle jetzt endlich mal etwas gegen seinen Bauch unternehmen.

Leiden an der Routine

Und darin liegt die Stärke dieses Films: In seinem präzisen Blick auf den Alltag seiner Protagonisten. Er macht es sich nicht so leicht, ihn als unzumutbar zu denunzieren. In beiden Partnerschaften der Hauptfiguren gibt es Zugewandtheit und Einverständnis. Aber es gibt auch ein Defizit: ein Leiden an der Routine, den Wunsch nach einer Aussicht, nach einem Fenster im Leben.

Zufällig begegnen sich Martin und Lena in einem Kaufhaus wieder. Er gibt ihr seine Handynummer, sie treffen sich. Sie reden nicht viel, sie gehen gleich ins Hotel und stürzen haltlos in den Hormonrausch. Aber wir wissen hier schon so viel über beide Figuren, dass wir ahnen: Das kann nicht gut gehen. Lena steht vor beruflichen Problemen, für sie ist ein kompletter Neuanfang eine echte Perspektive. Martin kann so weiterleben, wie er jetzt lebt, eine Affäre ist da vielleicht nur eine schöne Dreingabe.

Große Fragen des Lebens zu klären

Das ist das Problem: Die hirnvernebelnde Kraft des Verliebtseins macht es beiden schwer, sich grundsätzlichen Problemen zu stellen. Wie will ich leben? Wie soll es weitergehen? Was will ich aufgeben? Solche Fragen sind aber untrennbar mit jeder Affäre verbunden.

Die Stärke dieser Geschichte liegt darin, dass sie sich Zeit nimmt, um diese Probleme aufzuwerfen. Und darin, dass sie mit Ursina Lardi und Ronald Zehrfeld zwei Ausnahmeschauspieler im Aufgebot hat, die mit einem Zucken im Augenwinkel ganze Gefühlsdramen erzählen können.

ARD, 28. Dezember, 20.15 Uhr