Berlin. Mal ’ne Frage: Gibt’s noch „Tatort“-Krimis mit halbwegs normalem Personal? Die „Wendehammer“-Folge am Sonntag war wieder total schräg.
Der „Tatort“ vom Sonntag war mal wieder etwas für die Freunde unorthodoxer Typen. Den titelgebenden „Wendehammer“ bevölkerten: eine kauzige Rentnerin, die aus Eifersucht die Polizei alarmierte, eine Operndiva, die mit ihrem Gesang ihre Hunde malträtierte und ein Familienvater, der mit dem Laubbläser in den Nachbarschaftskrieg zog. Und mittendrin ein paranoider, katzenmordender Überwachungsfreak, der die ganze Nachbarschaft tyrannisierte.
Man musste schon ein hartgesottener „Tatort“-Fan sein, um da am Ball zu bleiben. Zumal die zwischen Nachbarschaftsstreit, Verschwörungsgeschichte und Science-Fiction hin und her wabernde Handlung es nicht nur den beiden wackeren Frankfurtern TV-Ermittlern Anna Janneke (Margarita Broich) und Paul Brix (Wolfram Koch), sondern auch den Zuschauern schwer machte, dem Geschehen zu folgen.
Der „Tatort: Wendehammer“ in Bildern
Wenn der Chef die Glühbirnen klaut
„Wendehammer“ reihte sich ein in eine Serie von höchst schrägen „Tatort“-Folgen. Die ARD-Reihe, so scheint es jedenfalls, entfernt sich immer mehr vom klassischen Krimi und setzt stattdessen auf abgedrehte Plots und (vermeintlich) originelle Typen.
Beispiele gefällig? Bitte sehr: Ulrich Tukur als halluzinierender LKA-Ermittler Felix Murot aus Wiesbaden. Jörg Hartmann als dauerdeprimierter Kommissar Faber im grauen Dortmund. Til Schweiger als Hamburger Rambo mit Polizeimarke. Gar nicht erst zu reden von den beiden Clowns Thiel und Boerne aus Münster. Die Story? Egal. Hauptsache schräg, irgendwie.
Beim „Wendehammer“ waren es ja nicht allein die Verdächtigen, die kauzig-skurill daherkamen. Was aber ist von einem Kommissariatsleiter (grandios: Roeland Wiesnekker) zu halten, der seinen Ermittlern die Glühbirnen aus der Schreibtischlampe klaut und diese heimlich in seiner Schublade hortet? Oder von einem Ermittler, der mit einem Verdächtigen ein Blues-Tänzchen hinlegt?
Am Ende explodierte das Flugzeug
Gegen schräge Typen ist nichts einzuwenden – aber der Frankfurter „Tatort“ war einfach überdreht. Bis hin zum startenden Flugzeug, das am Schluss vor den Augen der Kommissare in der Luft explodierte.
Nein, was der „Tatort“ braucht, das sind spannende, aber glaubhafte Plots und Drehbücher, die die Handlung über allzu viele abgedrehte Typen nicht aus den Augen verlieren. Die Tendenz bei den „Tatort“-Machern geht aber offensichtlich in eine andere Richtung. Es wäre aber schade, wenn die Krimi-Serie vollends zur Skurrilitätenschau verkäme.