Pflanzen und Tiere holen sich zurück, was verloren schien. Eine WDR-Doku begibt sich auf Spurensuche durch die Region.

Der Mann kommt viel herum in der Welt. Schwebt mal mit dem Hubschrauber über rauchenden Vulkanen der Halbinsel Kamtschatka, hängt an einem Seil in den Wasserfällen von Iguacu oder fährt den Amazonas entlang. Alles beruflich, wohlgemerkt. Denn Christian Baumeister ist einer der bekanntesten und angesehensten Naturfilmer Deutschlands. Für seinen jüngsten Film musste der Mann aus dem Münsterland allerdings nicht weit reisen. In der WDR-Reihe „Abenteuer Erde“ porträtierte er ein „Wildes Ruhrgebiet“.

Dreh dauerte ein Jahr

Wer im Revier lebt oder auch nur dort arbeitet, der wird sich nun vielleicht wundern. Weil er weiß, dass im Ruhrgebiet viele Jahrzehnte das Unterste im wahrsten Sinne des Wortes nach oben gekehrt wurde und es kaum eine Gegend zwischen Alpen und Nordsee gab, in der der Mensch die Natur so sehr seinen Interessen opferte wie hier. Aber die Natur gibt so schnell nicht auf. Im Gegenteil. Wo Kohle- und Stahlindustrie sich zurückziehen, hat sie zurückerobert, was der Mensch ihr einst genommen hat. Ja, mehr noch. Gerade Brachen und Industrieruinen locken anderswo längst vertriebene Tiere an und werden zu ihrer neuen Heimat. Man muss sich nur Zeit nehmen und genau hinsehen.

Wenn das einer kann, dann ist es Baumeister. Ein Jahr lang hat er gedreht. Auf der Zeche Zollverein in Essen und im Landschaftspark Duisburg, aber auch dort, wo sonst kaum ein Mensch hin will oder darf. Und er macht das technisch auf höchsten Niveau meist angenehm altmodisch, manchmal vielleicht ein wenig zu putzig. Mit langen ruhigen Einstellungen statt schnellen, harten Schnitten.

Igel zwischen Bergbauschrott

Es gibt keine Interviews mit Experten, keine Ohren- oder Augenzeugen, kaum technischen Schnickschnack. Und so kann man sich zurücklehnen vor dem Bildschirm und staunen. Über zähe Birken, die in den ehemaligen Möllerbunkern wachsen, Wanderfalken, die in den hohen Schornsteinen von stillgelegten Hüttenwerken nisten, oder die Fuchsfamilie, die in einer alten Fabrikhalle lebt.

Auch dem Igel, der heutzutage in aufgeräumten Vorstadtgärten kaum noch Unterschlupf findet, bietet ausgedienter Bergbauschrott ideale Plätze zum Verstecken und zur Jungenaufzucht. Und die einst zur Deckung des Holzbedarfs im Bergbau angepflanzten Wälder der Üfter Mark bei Recklinghausen bleiben heute weitgehend sich selbst überlassen und bieten die ideale Bühne für die Brunft der Rothirsche.

Perfekt für die ganze Familie

Eichhörnchen oder Kröte, viele alte Bekannte aus dem Tierreich trifft man wieder als Zuschauer, kommt ihnen dabei aber so nahe wie selten zuvor. Von manch anderer Art, die Baumeister mit seinen Kameras einfängt, hat man – wenn überhaupt – seit dem Bio-Unterricht nichts mehr gehört. Und je kleiner die Tiere sind, desto mehr ahnt man die Geduld, die er für solch beeindruckende Aufnahmen besitzen muss.

Fazit: Klassische, technisch perfekte Tierdokumentation für die ganze Familie, die zeigt: Man muss nicht immer in ferne Länder reisen, um die Faszination der Natur einzufangen.

K Dienstag, 13. Dezember, WDR, 20.15 Uhr