Berlin. Was haben Edmund Stoiber und Alice Schwarzer zum Jahr 2016 zu sagen? Die Antwort auf diese Frage gab’s am Montag bei „Hart aber fair“.

Trump, Brexit, Flüchtlinge: 2016 bietet viel Stoff für einen Rückblick. Einer der Ersten in diesem sehr speziellen Fernsehgenre ist in diesem Jahr Frank Plasberg, der am Montagabend unter dem reißerischen Titel „Das Schockjahr 2016 – nur Schurken, kaum Helden?“ seine Gäste nach ihren Ansichten zu den vergangenen zwölf Monaten befragte. Dabei zeigte sich: Es gibt ganz unterschiedliche Rückblickstypen.

Edmund Stoiber: Der Bürgerversteher

Die Flüchtlingskrise mag längst nicht mehr akut sein, die Kanzlerin mag ihre Politik längst verschärft haben. Trotzdem ließ es sich Edmund Stoiber nicht nehmen, die Weihnachtsfeier des FC Bayern sausen zu lassen, um bei „Hart aber fair“ kurzerhand noch einmal alle alten Vorwürfe gegen Angela Merkel aufzuwärmen. Die Grenze wurde nicht geschlossen, die Europäer wurden nicht mitgenommen und dann auch noch Köln: Alles Mist, was da verzapft wurde.

Bei allem was Stoiber sagte, hatte er offensichtlich stets den undefinierten „normalen Bürger“ vor Augen. Der war nach Vorstellung des einstigen Kanzlerkandidaten verunsichert, verängstigt und irgendwann sogar furchtbar wütend auf die Politik. Und überhaupt, diese Snobs da oben: „Ein großer Teil der Bevölkerung hat das Gefühl, dass die Eliten keine gemeinsame Sprache mehr mit ihnen haben“, befand der Ehrenvorsitzende der CSU.

Alice Schwarzer: Die Milde

CSU-Politiker mögen die harte Linie, Alice Schwarzer mag es kontrovers. Das galt auch in der Diskussion, in der die Frauenrechtlerin – nicht zu Unrecht, aber auch nicht überraschend – problematische Züge bei Männern ansprach. „Diese entwurzelten jungen Männer kommen aus Ländern, in denen Frauen völlig rechtlos sind“, sagte Schwarzer über die Täter der Kölner Silvesternacht. Und Trumps Wahlsieg erklärte sie zum Racheakt des „wütenden weißen Mannes“, der sich auch und gerade gegen Hillary Clinton als Frau gerichtet habe.

Ansonsten gab sich Schwarzer aber erstaunlich milde. Sie sei zwischenzeitlich richtig stolz auf Angela Merkel gewesen, gab Schwarzer zu Protokoll. „Ich bin ganz beruhigt, dass wir eine rationale und besonnene Kanzlerin haben.“

Leni Breymaier: Die Aufrechte

Kann man „Geflüchtete“ statt „Flüchtling“ sagen und trotzdem nicht abgehoben wirken? Der Gastgeber stellte das in Zweifel, als SPD-Hoffnung Leni Breymaier den Begriff nutzte. „Ich sage das, weil ich deutlich machen will, dass es sich um Menschen handelt. Sie müssen nicht gleich eine Ideologie dahinter vermuten“, parierte Breymaier.

Und auch sonst war die Landesvorsitzende der SPD in Baden-Württemberg in einer Sendung, die vom Gastgeber ständig auf die Themen der „besorgten Bürger“ hingepeitscht wurde, eine angenehme Stimme der Vernunft. „Wir reden immer nur über das Thema Geflüchtete“, sagte Breymaier. Dabei gehe es doch vor allem um Themen wie Wohnungen, Bildung und Rente, kurzum: Um soziale Gerechtigkeit. „Das wird sträflich vernachlässigt“, sagte Breymaier.

Rolf-Dieter Krause: Der Analyst

Zuerst gab es die Willkommenskultur, dann hatten die „besorgten Bürger“ die Überhand. Gibt es keinen Mittelweg? „Wir sind als Nation manisch depressiv“, analysierte der ARD-Journalist Rolf-Dieter Krause.

Doch wie könnte dieser Mittelweg aussehen? Krause hat da simple, aber doch völlig richtige Ansichten: „Der Rechtsstaat gilt für alle.“ Heißt: Wer einen Bleibegrund hat, wird bedingungslos und herzlich aufgenommen. Wer keinen hat, muss leider gehen.

Serdar Somuncu: Der Globalisierungskritiker

Aber wer bestimmt eigentlich, was ein legitimer Bleibegrund ist? Für Serdar Somuncu ist diese Frage nicht klar. „Das, was wir hier haben, will jeder haben“, erklärte der Kabarettist. Einerseits würden wir im Westen von der Globalisierung profitieren, andererseits verweigerten wir uns den Konsequenzen.

Auch wenn Volksversteher Stoiber diesen Punkt als unvermittelbar für die Bevölkerung abtat, einen Punkt hat Somuncu schon: Wann immer die Menschen in der Welt ihre Armut mit dem hiesigen Reichtum kontrastieren müssen, werden sie einen Anreiz haben, aufzubrechen.

Das Fazit

„Wenn reden hilft, etwas Orientierung zu finden, dann wollen wir das heute tun“, hatte Plasberg die Sendung angekündigt. Das klang vielversprechend. Schade, dass sich die Diskussion am Ende fast nur um das Thema Flüchtlinge drehte.