Köln. Mit Ausstrahlung, aber ohne Meteorologiestudium: Die ARD-Journalistin Kleinert erzählt, wie sie zur bekannten Wetter-Moderatorin wurde.

Seit 20 Jahren erklärt Claudia Kleinert im Fernsehen das Wetter. Ihr Entdecker: Jörg Kachelmann. Anders als ihr Förderer hat die ehemalige WDR-Ansagerin BWL studiert, nicht Meteorologie. Aber Millionen Zuschauer nehmen ihr ab, dass sie alles über Kumuluswolken und Tiefdruckgebiete weiß. Kleinert nennt diese Überzeugungskraft Charisma. Jetzt hat die 46-Jährige einen Ratgeber geschrieben: „Unschlagbar positiv. Die Charisma-Formel“. Ihre Botschaft lautet: Mit viel Training kann aus jeder grauen Maus eine schillernde Persönlichkeit werden.

Frau Kleinert, wer ist für Sie ein charismatischer Mensch?

Claudia Kleinert: Wahnsinnig charismatisch fand ich Steve Jobs. Am Anfang seiner Karriere war er ein schüchterner und zurückhaltender Nerd, nicht wahnsinnig gut aussehend und beseelt von einem Thema, das zunächst nicht besonders sexy anmutete. Aber durch viel Übung und eine minutiöse Planung seiner Auftritte hat er sich über die Jahre zu einem mitreißenden und beeindruckenden Geschäftsmann entwickelt, der wunderbar präsentieren und sich selbst und seine Ideen inszenieren konnte.

Wofür braucht man Charisma überhaupt?

Kleinert: Um Menschen mitzureißen und zu überzeugen, von sich selbst oder der Idee, die man hat. Ich erinnere mich gut an meine Zeit an der Uni. Da gab es etliche Professoren, die sicher extrem gut ausgebildet waren, aber mit ihren Vorträgen den Hörsaal zum Einschlafen brachten. Dabei war das Thema im Grunde hochspannend.

Sie sagen von sich selbst: Ich habe Charisma. Finden Sie das eitel?

Kleinert: Ich würde nie von mir behaupten, Charisma zu haben. Das kann immer nur jemand anderes von einem behaupten. Oft sagen Leute zu mir: Du bist im Fernsehen so souverän, kannst Gespräche leiten – wie machst du das?

Wann haben Sie gemerkt, dass andere Sie als charismatisch wahrnehmen?

Kleinert: Ich hatte schon immer eine recht angenehme Stimme und eine freundliche Art. Aber mein heutiges Auftreten ist mir nicht in die Wiege gelegt worden. In meiner Jugend hatte ich eine totale Grunge-Zeit. Ich trug kurze schwarze Haare und wollte mich gegen alles auflehnen. Damals hätte niemand gedacht, dass ausgerechnet ich mal zum Fernsehen gehe. Als ich nach der Schule in einer Bank in Köln-Marienburg eine Ausbildung gemacht habe, war ich schüchtern und sehr zurückhaltend. Um älter zu wirken, habe ich mich betont seriös angezogen. Zufällig war die Redaktion der Deutschen Welle um die Ecke, viele Journalisten kamen zu uns in die Bank. Eines Tages fragte mich eine Redakteurin, ob ich nicht mal eine Sprechausbildung machen wolle, ich hätte so eine angenehme Stimme. So habe ich dann im späteren BWL-Studium nebenbei als Ansagerin beim WDR gearbeitet.

Kann jeder Mensch Charisma entwickeln?

Kleinert: Man kann selbst aus einem schüchternen Eigenbrötler einen sprühenden Entertainer machen – wenn er das will und hart daran arbeiten würde. Als ich anfing zu moderieren, konnte ich Sätze geradeaus sprechen und sah ganz gut aus, war aber vor der Kamera sehr steif und traute mich kaum, von den vorgeschriebenen Texten auch nur einen Millimeter abzuweichen. Zur Übung habe ich mir dann immer vorgestellt, ich würde meiner Großmutter etwas erzählen. Bei ihr musste ich langsam und deutlich sprechen, und sie hat mich immer angelächelt. Viele können oder wollen gar nicht mehr aus sich herausgehen. Die sagen einfach: Ich bin eben so, wie ich bin. Das ist Quatsch.

Was ist falsch daran, sich so zu geben, wie man ist?

Kleinert: Authentisch zu sein heißt nicht, sich in allen Situationen von der immer gleichen Seite zu zeigen. Es geht darum, sich zu fragen: Wie will ich in bestimmten Situationen wirken? Wenn ich zu Hause mit meiner Katze spiele, muss ich mir über Charisma keine Gedanken machen. Aber wer ein Vorstellungsgespräch oder ein Date hat, muss nun mal einen guten Eindruck machen.

Welche Rolle spielt die Stimme?

Kleinert: Eine große. Erinnern Sie sich an den Schauspieler Otto Sander. Sein Geheimnis war nicht nur seine kräftige, tiefe Stimme, sondern vor allem seine deutliche Aussprache und seine exakte Betonung.

Ein Gegenbeispiel ist Til Schweiger. Den finden viele charismatisch – trotz seiner Nuschelei ...

Kleinert: So toll jemand als Schauspieler sein mag, man muss ihn schon verstehen können.