Berlin. Susanne Bormann ist eines der bekanntesten Fernsehgesichter der Bundesrepublik. Ihre Herkunft aus dem Osten prägt die Frau bis heute.

Es gibt ein Video, da war Susanne Bormann noch gar nicht geboren, aber sie war schon zu erahnen. Sie steckt im Bauch der Frau, die in dem Super-8-Video gerade im Garten Blumen pflückt. „Der Arzt dachte damals, meine Mutter wollte kein viertes Kind“, sagt sie. Die Möglichkeit einer Abtreibung stand im Raum. So hätte das Leben von Susanne Bormann schon vorbei sein können, bevor es richtig begann. Aber ihre Eltern freuten sich auf ihr Kind.

Susanne Bormann ist inzwischen 37 Jahre alt und selbst Mutter. Sie ist eines der bekanntesten Schauspiel-Gesichter Deutschlands, spielte mit Matthias Schweighöfer und Franka Potente, mit Heiner Lauterbach und Daniel Brühl, einer ihrer Mentoren war der deutsche Regisseur Andreas Dresen. Aktuell spielt sie eine Hauptrolle in dem Kinofilm „Die Reise mit Vater“, eine wahre Familiengeschichte zur Zeit des Prager Frühlings 1968.

Jedes Jahr feiert Susanne Bormann den 3. Oktober

Bormann spielt darin die Münchner Adlige Ullrike von Syberg, die in einer linken Kommunen-WG wohnt. Zwei Rumänen samt Vater kommen bei ihr unter und sorgen für viel Ärger. Ullrike steht vor allem cool im 60er-Jahre-Outfit herum, raucht und ergeht sich in ideologischen Grabenkämpfen mit ihren Mitbewohnern: Ist die Bundesrepublik ein Polizeistaat? Oder ist die dortige Linke zu naiv, um zu sehen, wie harsch die osteuropäischen Staaten mit ihren Bürgern umgingen? Und: Hat eine westdeutsch-rumänische Liebe im Jahr 1968 eine Chance?

Susanne Bormann selbst war zehn Jahre, als die Wende kam, aber sie sagt, sie feiert nach wie vor jedes Jahr den 3. Oktober – mit ihrem Freund. „Ohne die Wiedervereinigung hätte ich meinen Liebsten nicht kennengelernt“, sagt sie. Dabei ist sie nur fünf Kilometer Luftlinie von seinem Elternhaus aufgewachsen, in Kleinmachnow, nicht weit von der Berliner Mauer entfernt. Ihr Schwiegervater habe schon ganz gern mal einen Ossi-Witz gerissen, weil er mit ihnen zusammenarbeitete. Aber das habe sich später gelegt.

Als die Mauer fiel war Bormann zehn Jahre alt

Vielleicht ist das etwas, was spätere Generationen nicht mehr verstehen können: dieser Bruch, der durch die Biografien von Menschen geht. Ob in den Ländern des Ostblocks oder in Ostdeutschland. Da sind Bormanns Eltern, die nicht ausreisen, aber auch nicht bei der Stasi mitmachen wollten. Da ist der Großvater, der am Tag vor der Währungsunion starb. Und Susanne Bormann selbst, die durch ihren Bruder vom Mauerfall erfuhr, als sie zehn Jahre alt war.

Susanne Bormann sagt, dass sie noch erkennen kann, ob jemand aus dem Osten kommt. „Man hat einen anderen Umgang miteinander“, sagt sie. „So als ob weniger Höflichkeitsformen nötig seien. Manche empfinden Ossis daher als etwas rüde, aber es ist eigentlich nur eine direktere Kommunikation.“

Erzählungen der Nachwirkung der Apartheid

Aber schon als Kind hat sie diese Szene der Ost-Künstler kennengelernt: Ihre beiden ersten Rollen spielte Susanne Bormann als Tochter von Corinna Harfouch. Wie eng die Wirklichkeit manchmal an die Fiktion heranrückt, wurde ihr erst deutlich, als sie einmal Corinna Harfouch „Mutter“ nannte – außerhalb vom Set. Das hatte zu einigem Ärger mit der Frau im blauen Kleid vom Super-8-Film geführt, der aber längst beigelegt ist.

Vielleicht liegt es am Thema des Films – Liebe in Zeiten des Kalten Krieges –, aber Susanne Bormann zeigt sich im Winter 2016 als eine Schauspielerin, die sich nicht in eine Welt aus Drehbüchern und Filmpremieren zurückzieht. Vom Dreh in Südafrika bringt sie keine Geschichten über Safari-Reisen mit, sondern erzählt von den Nachwirkungen der Apartheid.

Wenn sie von der Filmbranche berichtet, dann nicht nur über rote Teppiche, sondern auch über die Gewerkschaft, in der sie aktiv ist, und wie sehr sich ihr Beruf verändert. Ganz selbstverständlich diskutiert sie über den Zustand der Linken in Europa („Sie ist zu schwach“), über die AfD („Viele fühlen sich einfach nicht mehr ernst genommen“), und am Ende sagt sie fast resigniert: „Es regiert eben doch das Geld.“