Berlin. Was tun, wenn es einfach nicht zum Rentensparen reicht? Der Chef der Jungen Union gab bei Maybrit Illner eine zynische Empfehlung.

In diesen Tagen spricht vieles dafür, dass die Rente ein zentrales Thema im Bundestagswahlkampf werden wird. Zwar will Arbeitsministerin Nahles schon bald ein Reformpaket auf den Weg bringen, Streitpunkte gibt es aber trotzdem geug. Denn das deutsche Rentensystem befindet sich in der Dauerkrise, was vor allem eine Ursache hat: Auf immer weniger Beitragszahler kommen immer mehr Rentner.

Was also tun? Diese Frage stelle am Donnerstagabend auch Maybrit Illner. Erfrischend war dabei, dass die Gastgeberin viel Zeit darauf verwendete, normale Bürger zu Wort kommen zu lassen. Da war etwa die 74-Jährige Magda Kunkel, die eine Rente von 630 Euro bekommt, weil sie in acht von ihren 48 Arbeitsjahren wegen prekärer Selbstständigkeit nicht einbezahlt hat. „Schlimmer als die Armut ist die Demütigung. Die Arbeit der Frauen der Kriegsgeneration wird nicht geachtet“, sagte Kunkel.

Zynischer Rat aus der Jungen Union

Ähnlich äußerte sich Carla Rodrigues-Fernandes. „Die Erziehung von Kindern wird zu gering bewertet, man wird für das Kinderkommen bestraft“, befand die Gebäudereinigerin, die später wohl mal 800 Euro Rente kriegen wird, weil sie wegen der Erziehung ihrer Tochter lange Teilzeit gearbeitet hat. Und auch die Kioskbesitzer Claudia Kloß-Fricke muss Altersarmut fürchten: Als Selbstständige hat sie monatlich maximal 1000 Euro zum Leben. „Wir sollen verpflichtet werden, einzuzahlen: Aber von was?“, fragte Kloß-Fricke.

So eindringlich die Beispiele waren, so ratlos wirkte die Politik. Den konkretesten und zugleich zynischsten Vorschlag machte von dieser Seite Paul Ziemiak. Wenn Kloß-Fricke jeden Tag zwölf Stunden arbeite und dennoch nur 800 bis 1000 Euro zur Verfügung habe, fehle offensichtlich der unternehmerische Erfolg. Dann müsse man über eine andere Beschäftigung nachdenken, empfahl der Chef der Jungen Union (JU). „Das gehört zur Wahrheit dazu.“

In anderer Hinsicht argumentierte Ziemiak schlüssiger. So verwies der JU-Chef etwa darauf, dass ein Kompromiss zwischen hohen Renten und der Höhe der Beiträge gefunden werden müsse. Stabile Renten dürften nicht dazu führen, dass die jüngeren Generationen noch stärker belastet werden. Auch dürfe man die aktuelle Lage nicht dramatisieren, schließlich würden die Renten bisher weiter steigen – auch wenn sich das Tempo verlangsamt hat. „Die Kanzlerin hat recht: Es ging nie einer Generation so gut wie jetzt“, sagte Ziemiak.

Schlagabtausch zwischen Experten

Für Unterhaltung und Erkenntnisse sorgte ein Schlagabtausch zwischen dem Politikwissenschaftler Antonio Brettschneider und dem Wirtschaftsweisen Christoph Schmidt. Immer wieder wurde deutlich, dass die beiden Fachleute höchst unterschiedliche Ansichten haben. Mit Blick auf die vielen Menschen, die nach den Hartz-Reformen von der Arbeitslosigkeit in den Niedriglohnsektor wechselten und dort kaum Rentenansprüche ansammeln können, befand Schmidt beispielsweise, dass dies nicht per se eine schlechte Entwicklung sei. „Man kann nicht so tun, als ob diese Menschen ohne die Reformen in einem sozialversicherungspflichtigen Job arbeiten würden“, sagte der Ökonom. Den Vorschlag, die Arbeitgeber stärker in die Finanzierung der Rente einzubeziehen, lehnte Schmidt vehement ab.

Ganz anders Brettschneider, der einen „Renten-Cent“ empfahl, bei dem die Arbeitgeber zwar nicht höhere Stundenlöhne, aber höhere Rentenbeiträge auf gearbeitete Stunden ihrer Mitarbeiter einzahlen sollen. Die Hartz-Reformen prangerte der Mitarbeiter des Forschungsinstitut für gesellschaftliche Weiterentwicklung mit drastischen Worten an. „Die Menschen wurden vor die Wahl gestellt: Ausgegrenzt oder ausgebeutet werden.“

Österreich als Vorbild?

Am Ende bleibt die Frage, ob es nicht auch ganz anders geht. In Österreich wird beispielsweise komplett auf die klassische umlagenfinanzierte Rente gesetzt, in die alle Bürger außer den Beamten einzahlen müssen. In Kombination mit höheren Beiträgen, die obendrein verstärkt von den Arbeitgebern getragen werden, ist so ein deutlich höheres Rentenniveau möglich, als in Deutschland.

Ein solches Modell könnte auch hierzulande Schule machen. Allein, bisher fehlt der politische Wille. Immerhin, in dieser Hinsicht waren sich alle einig: Es muss etwas passieren. „Der ganz große Knall kommt noch, da kann einem richtig bange werden“, fasste Carla Rodrigues-Fernandes die Haltung der Runde zusammen.

Zur Ausgabe von „Maybrit Illner“ in der ZDF-Mediathek.