Berlin. Eigentlich ist Paul (Bjarne Mädel) tot. Doch er will nicht sterben. Ein Engel soll beim Übergang helfen – und hat dabei einiges zu tun.

Ein Engel soll Angie (Friederike Kemper) also sein. So sieht sie vielleicht aus, aber das ist auch schon alles: Sie ist schnoddrig und zynisch. Auf ihren himmlischen Auftrag, den verunglückten 44-jährigen Verkäufer Familienvater Paul Lohmann (Bjarne Mädel) beim Sterben zu begleiten, hat sie gar keine Lust. „Hätte ich doch ’ne nette Omi gekriegt“, stöhnt sie. Dann noch das: Nach seinem Autounfall weigert Paul sich, ins Jenseits überzutreten, obwohl sein Körper hirntot im Krankenhaus liegt.

Kann der Tod amüsant sein? Mit der Tragikomödie „Wer aufgibt, ist tot“ geht Regisseur Stephan Wagner („Der Fall von Jakob Metzler“), dreifacher Grimme-Preisträger, das Wagnis ein. Tatsächlich ist es bitterkomisch, Sturkopf Paul dabei zuzusehen, wie er sich ans Zwischenreich klammert, mit seinem Engel zofft und Bilanz zieht.

Paul entfremdet sich von seiner Familie

Auf Pauls Habenseite: fünfmal hintereinander Verkäufer des Jahres. Ein schnittiger Sportwagen, mit dem er ja nun leider ins Unglück geschlittert ist. Eine Taubenzucht. Auf der anderen Seite: totale Entfremdung von seiner Frau Edith (Katharina Marie Schubert). Eine Teenagertochter, die ihn hasst.

Schwindender Erfolg in einem Job, der ihm sowieso nie etwas bedeutet hat. Denn er wollte ja Pilot werden. Statt seiner flogen die Tauben für ihn. Paul erkennt, welche Trümmer er hinterlassen hat und schwatzt seinem Engel ab, ihn den letzten Tag noch ein paar Mal erleben zu lassen.

Einsicht der Hauptfigur kommt spät

„Er ist ein Stehaufmännchen. Ein durchschnittlicher Angeber, der dank des Schicksals, das ihn ereilt, über sich hinauswächst“, beschreibt Mädel seine Rolle. Und so verkörpert er einen Mann, der fest entschlossen ist, in letzter Minute etwas Gutes aus seinem Leben herauszuschlagen und Routinen zu durchbrechen, aber damit keineswegs offene Türen einrennt.

Bis er erkennt, dass man mit einer neuen Haltung Veränderung bewirken kann. Dank des präzisen Spiels aller Darsteller wirkt diese finale Schlacht nie übersteigert, sondern berührt; denn ein bisschen Paul sind wir ja alle.

Bei der x-ten Wiederholung des letzten Tages kann der Zuschauer allerdings schon einmal den Überblick verlieren. Drehbuchautor Christian Jeltsch packt zudem reichlich Motive in seine Story: das Thema Lebenslüge aus Arthur Millers Drama „Tod eines Handlungsreisenden“, die Unausweichlichkeit des Schicksals, wie sie der Gruselklassiker „Final Destination“ beschreibt, die „Was wäre gewesen, wenn ...“-Hypothesen aus „Lola rennt“ und die Zeitschleife aus der Komödie „Und täglich grüßt das Murmeltier“. Am Ende funktioniert der Film jedoch als Plädoyer dafür, sich zu öffnen und Gewohnheiten zu überdenken. Weil der Mensch sonst ein Stück weit tot ist, noch während er lebt.

Fazit: Spagat gelungen: Dieser Film ist komisch und bewegend zugleich.

ARD, 18. November, 20.15 Uhr